Ärger um Briefzustellung Die Zustell-Misere der Post im Kreis Viersen hält an
Die Hinweise von Kunden und einem Mitarbeiter der Post im Kreis Viersen sind eindeutig: Bei der Briefzustellung gibt es weiterhin große Probleme.
Kempen/Willich. Die Zustell-Misere der Deutschen Post im Kreis Viersen reißt nicht ab. Die WZ erreichten in der vergangenen Woche erneut viele Beschwerden. Kunden aus den Kempener Stadtteilen Tönisberg und vor allem St. Hubert erhielten über Tage keine Briefe. Aber auch aus Willich, unter anderem aus Anrath, bekam die Redaktion E-Mails. Außerdem schrieb ein Mitarbeiter der Deutschen Post an die WZ-Redaktion.
„Wir warten auf Korrespondenzen mit Banken und Behörden und auch auf wichtige Vertragsdokumente“, schreibt eine St.Huberterin (Name der Redaktion bekannt). Bereits seit dem 1.Dezember sei ihr Briefkasten leer. Ähnliche Beispiele und Daten nennen viele St. Huberter im sozialen Netzwerk Facebook.
Ein Anrather meldete sich bei der WZ mit der Information, dass er zum wiederholten Male auf Zeitschriften warte, die er abonniert und bezahlt hat. Für diverse Bezirke in Kempen, St. Hubert und Tönisberg räumt Postsprecher Rainer Ernzer die erneuten Probleme auf WZ-Anfrage ein. „Dafür können wir uns nur entschuldigen. Wir haben mit personellen Engpässen aufgrund eines enorm hohen Krankenstands gekämpft“, so Ernzer. Er spricht in der Vergangenheitsform, weil die Zustellung in Kempen seit Freitag wieder „problemlos“ laufen soll. Nach Angaben des Sprechers geht die Deutsche Post davon aus, die Lage in Kempen nun im Griff zu haben.
Postmitarbeiter in einem Brief
Es ist gerade mal knapp vier Wochen her, dass die Deutsche Post in einigen Kommunen des Kreises Viersen gegenüber der WZ massive Zustellprobleme eingeräumt hat. Mehrere Tage bekamen Kunden keine Briefe — dann quoll der Briefkasten vielerorts an einem Tag über. Es sei immer wieder vorgekommen, dass Bezirke liegen geblieben seien, räumte die Post ein. Briefe seien deshalb nicht jeden Tag zugestellt worden. In Kempen beobachten Bürger das Phänomen tagelang leerer und dann plötzlich proppevoller Briefkästen schon seit dem Sommer.
Die Post begründete dies in Kempen mit der sogenannten Verbundzustellung. Seit Sommer werden Pakete und Briefe gemeinsam per Kleintransporter zugestellt. Nur noch in der Altstadt sind Briefträger per Fahrrad unterwegs. Und bei dieser Umstellung habe es gehakt. Neues Personal, neue Bezirke, neue Strukturen — all das habe sich einspielen müssen, hieß es Anfang November aus der Düsseldorfer Regional-Pressestelle des Bonner Konzerns. Um sofort nachzuschieben, dass es nun besser werde. Das hat in Kempen noch nicht geklappt. Dass die Post wegen eines deutlich geringeren Briefaufkommens gar nicht mehr jeden Tag zustellen kann bzw. will, ist nach Angaben der Pressestelle aber nicht zutreffend. Rainer Ernzer wiederholt für Kempen die Begründung des „hohen Krankenstands“.
Anders als von ihm dargestellt, berichtet ein Post-Mitarbeiter in zwei anonymen Briefen an die WZ insbesondere aus Willich von massiven Problemen. „Letztes Wochenende wurde in mehreren Bezirken die Zustellung abgebrochen, die Post wurde dort wegen Personalmangel auch am Montag nicht zugestellt. Zustellung erfolgte erst am Dienstag, wo dann aber die Post liegenblieb, weil die Arbeitszeit überschritten wurde“, schreibt er am 28. November. Dazu Ernzer: „Es gibt ein Arbeitszeitgesetz: Mehr als zehndreiviertel Stunde sind nicht erlaubt.“
Doch die Kritik des Mitarbeiters geht weiter: Am 1. Dezember seien in Willich 60 Waren- und Büchersendungen, sogenannte Priobriefe und normale Briefe liegengeblieben. Dazu drei Behälter mit Kurzbriefen. Tags darauf habe es das Postfrachtzentrum Krefeld nicht geschafft, alle Pakete zur Basis am Willicher Siemensring zu bringen. Folge: „Jedem Verbundbezirk fehlten rund Dreiviertel der Pakete.“ Am Montag, 4. Dezember, seien deshalb nur Pakete gefahren worden — „die Post blieb in den Bezirken liegen“. Vier Rollbehälter mit Paketen seien stehengeblieben, da keine zusätzlichen Fahrzeuge kommen konnten.
Am 5. Dezember sei dann neben einer Flut von Paketen auch die Post mitgenommen worden — „aber wegen Personalmangels nicht überall und alles. Es wurden 80 Prozent der Verbundbezirke wieder nicht zu Ende gefahren, da unbesetzte Bezirke zusätzlich gefahren werden mussten“.
Der Postmitarbeiter kommt mit Datum vom 5. Dezember zu einem ernüchternden Fazit: „Auch in dieser Woche ist keine Besserung in Sicht, da flächendeckend Personal fehlt.“ Was Ernzer auf Nachfrage anders darstellt: Zwar habe es im November u.a. wegen Krankheitsfällen Personalengpässe gegeben. Doch die seien überwunden: „Es sind sogar zusätzliche Kollegen unterwegs.“