Ein besonderer Baustellen-Einblick

An der Ellenstraße schreiten die Bauarbeiten voran. Und an der Peterstraße heißt es Abschied nehmen vom Ehepaar Stahl.

Foto: Friedhelm Reimann

Kempen. Pressetermine an besonderen Orten der Altstadt haben schon was für sich. Hin und wieder ergeben sich da ganz spezielle Ein- bzw. Ausblicke. So geschehen am Montagabend, als der Denkmalausschuss die Mühle am Hessenring besichtigte. Neben spannenden Einblicken in die Mühle brachte WZ-Fotograf Friedhelm Reimann auch einen schönen Ausblick mit. Und zwar von der Mühle auf den Neubau an Ecke Ellenstraße/Hessenwall. Auf dem Gelände des früheren Heitzer-Ladenlokals entsteht bekanntlich ein Neubau mit Wohnungen. Und von der Ellenstraße aus kann man den Fortschritt des Baus tagtäglich verfolgen. Nun liefert das Reimann-Foto auch die Ansicht, wie es denn auf der Rückseite des Eckbaus ausschaut. Mitte 2018 sollen die Wohnungen bezugsfertig sein — das könnte klappen.

Foto: Friedhelm Reimann

In der nächsten Woche heißt es Abschied nehmen in der Altstadt. An der Peterstraße 13 schließen Brigitte und Heinz-Otto Stahl am Mittwoch zum letzten Mal die Tür ihres Betriebs Stahl Orthopädie-Schuhtechnik und gehen in den Ruhestand. Seit mehr als 40 Jahren ist der Meisterbetrieb in Kempen ansässig. Zunächst ging es an der Burgstraße los, bevor es zur Peterstraße ging. „Hier hatten wir endlich die richtigen Räume gefunden“, blickt Stahl zurück. Denn dort war genug Platz für Laden und Werkstatt. Der gebürtige Kempener Heinz-Otto Stahl — Jahrgang 1948 — bestand 1965 seine Gesellenprüfung und absolvierte 1973 die Meisterschule in Düsseldorf. Damals wurde er im praktischen Leistungswettbewerb der Handwerksjugend Kammersieger und zweiter Landessieger. Er bildete sich fort und erlangte Zertifikate für die orthopädieschuhtechnische Versorgung des diabetischen Fußes. Stahl kann jungen Menschen nur empfehlen, nach der Ausbildung auch den Meister zu machen. Er war unter anderem Mitglied im Prüfungsausschuss für Gesellen und Meisterprüfungen.

Altstadt-Geflüster

Die Arbeit und das benötigte Wissen in der Orthopädie-Schuhtechnik sind sehr vielseitig, weiß Heinz-Otto Stahl zu berichten. Neben den handwerklichen Techniken gehört zum Beispiel auch medizinisches Wissen dazu. Denn immer mehr Menschen leiden an Krankheiten wie Diabetes, die besondere Schuhe notwendig machen. Der Schwerpunkt des Unternehmens sind die Versorgung von Patienten mit Maßschuhen, handwerklich gefertigte Einlagen, Schuhzurichtungen und die Diabetikerversorgung mit Therapieschutzschuhen.

Auch Brigitte Stahl ist schon seit 40 Jahren im Betrieb tätig. Die gelernte Drogistin, Kauffrau und ausgebildete medizinische Fußpflegerin hat sich weitergebildet und sich im Betrieb um Büro, Buchhaltung und die Organisation der Patientenbetreuung gekümmert. Und die Anforderungen dieser Aufgaben sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Denn die Bürokratie, zum Beispiel die Verhandlungen mit den Krankenkassen, ist aufwendiger geworden.

Stahl hat viele Stammkunden, einige kommen schon seit 40 Jahren — und viele sind traurig, nun Abschied nehmen zu müssen. Da sieht man auch schon mal ein Tränchen in den Augen. Auch nette E-Mails mit Dankesworten kommen an. „Aber alle wünschen uns auch das Beste“, sagt Brigitte Stahl. Der Abschied fällt also nicht leicht. „Der Kopf sagt ja, das Herz sagt nein.“ Das haben Brigitte und Heinz-Otto Stahl auf ihre Abschiedskarten geschrieben, mit denen sie sich — wie sie sagen — bei den nettesten Kunden, besten Ärzten, zuverlässigsten Lieferanten und Geschäftspartnern, einem Super-Team und einer liebenswerten Nachbarschaft verabschieden. Brigitte und Heinz-Otto Stahl lassen nun den Ruhestand erst einmal auf sich zukommen. Mehr Zeit für die Familie wird dann möglich sein. Das Ehepaar hat zwei Töchter, Tanja und Julia, die beide bereits ihr Studium abgeschlossen haben, und in Köln und Baden-Baden leben.

Eher still und leise hat Isabelle Fricke ihren Island-Laden an der Ellenstraße geschlossen. Dort ist alles ausgeräumt. Offenbar war das Konzept des Geschäftes „Isi4Fun“, in dem es Produkte rund um Island-Pferde und das nordeuropäische Land gab, in Kempen nicht erfolgreich. In dem Ladenlokal soll sich aber schon etwas tun. „Really, really pretty things“ — also „wirklich, wirklich schöne Dinge“ — soll es dort bald zu kaufen geben. Das zumindest steht auf einem Schild in der Tür. Der Flüsterer ist gespannt.