Ein Mann des klaren Wortes

Von 1980 bis 2002 saß Julius Louven für die CDU im Bundestag. Am Sonntag wird der St. Huberter 85 Jahre alt. Die derzeitige politische Lage bereitet ihm Sorgen.

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Kempen/St. Hubert. Wie beurteilen sie denn aktuell Angela Merkels Arbeit? Bevor Julius Louven darauf antwortet, holt er tief Luft. Dann setzt er zweimal zur Antwort an. Schließlich folgt ein bemerkenswerter Satz: „Sie ist in der Endphase.“ Louven, der von 1980 bis 2002 für die CDU im Bundestag gesessen hat, ist nicht einverstanden mit der Arbeit der Bundeskanzlerin. Von seinem eher gespaltenen Verhältnis zu seiner Parteifreundin hat er ohnehin nie einen Hehl gemacht. Angesichts des aktuellen Hick-Hacks innerhalb der Union auf dem Weg zur ungeliebten Großen Koalition sei Merkels Zeit bald abgelaufen.

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Klare Worte hat Louven während und nach seiner politischen Karriere immer gefunden. Das hat sich auch im Februar 2018 nicht geändert. Am Sonntag wird der St. Huberter 85 Jahre alt. Und während er in seinem Haus am Hahnendyk über das aktuelle politische Geschehen spricht, wird klar: Sein Versprechen, niemals ein „politischer Schweiger“ zu werden, das er nach seinem Karriereende 2002 gegeben hat, wird er weiterhin einhalten.

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Noch kürzlich hat er einen Brief an mehrere führende CDU-Politiker im Kreis Viersen geschrieben. Auf den Inhalt will Julius Louven im Gespräch mit der WZ zwar nicht eingehen. Er macht aber kein Geheimnis daraus, dass er sich um den Zustand der Partei — in Berlin und in Kempen — Sorgen macht. Zu wenig Ideen — und vor allem zu wenig Diskussion. Von diesen Problemen sei das Wirken vieler in der CDU geprägt.

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Julius Louven über den offenen Brief Karl Hensels zum Umgang mit der Kempener Burg

Angesprochen auf die jüngste Debatte zur Zukunft der Kempener Burg sieht sich Louven in diesem Ideenmangel bestätigt. Bürgermeister Volker Rübo und die CDU hätten in der Diskussion schwach agiert. Es habe ihn in den Fingern gejuckt, sich zu Wort melden. Als sich dann Ex-Bürgermeister Karl Hensel in einem offenen Brief geäußert hat, war Louven erleichtert: „Ich habe Karl sofort angerufen und ihm zu seinen Worten gratuliert.“

Karl Hensel gehört zu den politischen Weggefährten, mit denen sich Louven regelmäßig trifft. So berichtet er von einem monatlichen Termin mit Hensel, Ex-CDU-Kreischef Rudi Alsdorf, Alt-Bürgermeister Karl-Heinz Hermans und seit neuestem auch Ex-Landrat Peter Ottmann. „Da tauschen wir uns aus und beurteilen die aktuelle Lage“, sagt Louven, der sich auf diesen Termin ebenso freut wie auf eine Skatrunde mit früheren CDU-Bundestagsabgeordneten. Zweimal im Jahr treffen sich die Herrn in einem Hotel — „und dann wird Skat gekloppt“.

Persönliche Gespräche und Beziehungen waren in seiner Zeit in Land- und Bundestag für Louven essenziell. Auf diesem Weg hat der gelernte Bäcker und Konditor viel für seinen Wahlkreis erreicht. Stolz ist er bis heute auf die Abteilung der „Fachübergreifenden Frührehabilitation“ im Kempener Krankenhaus. Mit Bundesmitteln wurde die 20 Millionen Euro teure Abteilung 1998 realisiert. „Im Vorfeld habe ich einen Posten über 300 Millionen im Haushalt für Projekte im Zuge der Pflegereform entdeckt“, erinnert sich Louven. Unter anderem durch Kontakte zum früheren Gesundheitsminister Horst Seehofer sei ein Teil des Geldes eben nicht nur in Großstadtkliniken, sondern auch in Kempen gelandet.

Julius Louven über die Zeit nach Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble

Zu Seehofer hält Louven regelmäßig Kontakt. Die Verbindung sei unter anderem in der Zeit von 1991 bis 1998 entstanden, als Louven als Sozialpolitischer Sprecher der Unionsfraktion zu einem der einflussreichsten CDU-Politiker im Parlament wurde. Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm und CDU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble gehörten in dieser Zeit zu den Weggefährten Louvens.

Schäuble wäre für Louven übrigens ein geeigneter Bundeskanzler gewesen. Der Kempener gehörte nach eigenen Angaben zu einer elfköpfigen Gruppe von CDU-Leuten, die schon vor der Bundestagswahl 1998 auf das Ende der Ära Helmut Kohl drängen wollte. In Vorgesprächen habe sich aber herausgestellt, dass Schäuble nicht die Unterstützung der CSU bekommen hätte. „Dann haben wir es gelassen“, erinnert sich Louven. Das Ergebnis ist bekannt: Mit Kohl verlor die CDU die Wahl. Es folgte die Spendenaffäre um den inzwischen verstorbenen Altkanzler, in der auch Schäuble seinen Parteivorsitz verlor. „Und dann kam Merkel“, sagt Louven.

Julius Louven über seine täglichen Radstrecken im Urlaub

Neben der Auseinandersetzung mit der politischen Lage ist Julius Louven heute immer noch ein passionierter Radfahrer. Nahezu täglich sitzt er im Sattel und macht auch regelmäßig längere Touren mit einem seiner Söhne und Freunden. „80 bis 90 Kilometer pro Tag“ kämen auf solchen Urlaubstouren zusammen, sagt der 84-Jährige, um ein „so viel ist das gar nicht“ hinterzuschieben. Nur den jährlichen Skiurlaub über Karneval hat Louven in diesem Jahr zum ersten Mal nicht mehr gemacht. „Irgendwann geht das nicht mehr.“

Wenn er nun im Arbeitszimmer seines Hauses in St. Hubert auf sein politisches Wirken zurückblickt, ist Louven zufrieden. „Ich konnte dabei helfen, viel Positives auf den Weg zu bringen.“