Ex-Polizist Manfred Rehnen - Der letzte Behördengang

Ex-Polizist Manfred Rehnen schaute sich noch einmal seinen alten Arbeitsplatz an.

Kempen. In der einen Ecke stapeln sich Müllsäcke, in der anderen türmen sich Glasscherben. Schranktüren sind zerstört, die Wandverkleidungen im Sitzungssaal sind abgerissen. In einem alten Schrank steht noch eine leere Cola-Dose mit dem Bild des Nationalspielers Michael Ballack — ein Zeugnis vergangener Tage. Das sind Eindrücke, die man bei einem Rundgang durch das ehemalige Gebäude der Kreisverwaltung und der Polizei an der Orsaystraße bekommt. Kurz vor dem Abriss begab sich die WZ mit dem Ex-Polizisten Manfred Rehnen auf eine Zeitreise.

„Mein Gott, wie sieht es denn hier aus“, sagt Rehnen, während er den Raum betritt, in dem früher mal sein Büro war. Die Scheibe der Glastür ist kaputt, der Linoleumboden wellt sich allmählich, der beißende und gesundheitsschädliche Geruch von alten Eternit-Platten liegt in der Luft. „Früher habe ich hier gerne gesessen, weil das Büro im Obergeschoss war.“ So hatte der ehemalige Hauptkommissar des Verkehrsdienstes einen „herrlichen Ausblick“ über die Dächer der Altstadt. Jetzt ist nur noch der Ausblick da, den Rehnen mit ein bisschen Wehmut ein letztes Mal genießt. Eine Wohnung im neuen Klosterhof — mit ähnlicher Aussicht — werde er sich wohl nicht leisten können.

Von 1985 bis Anfang des Jahrtausends hat Rehnen seinen Polizeidienst im ehemaligen Kreishaus getan. Aus familiären Gründen kennt er das Gebäude aus dem Eff-Eff. „Mein Vater war schon beim Kreis beschäftigt“, sagt der 62-Jährige, der seit Anfang des Jahres im Ruhestand ist.

An einer Wand des Flures im dritten Stock entdeckt Rehnen ein Türschild mit Namen — es ist das letzte im gesamten Gebäude. „Die Kollegen kenne ich alle noch“, sagt er, während er die Namen liest. Sein eigenes Schild hat Rehnen beim Umzug zur „neuen“ Wache am Bahnhof mitgenommen — als Erinnerungsstück.

„Hier hatten wir unsere Besprechungen und Weihnachtsfeiern“, erzählt der Kempener, während er den früheren Sitzungssaal des Kreishauses betritt. Wie nach einer ziemlich wüsten Feier sieht es dort heute aus — keiner hat aufgeräumt: Müllsäcke, Papierreste und teilweise zerstörte Lampen.

Bei der Stadt kann man sich den Vandalismus nicht erklären. „Ich weiß es nicht, es hatte ja keiner Zutritt zum Gebäude. Meldungen über Einbrüche gibt es nicht“, sagt Kulturamtsleiterin Elisabeth Friese. Bekannt sei lediglich, dass Obdachlose das Haus in den vergangenen Jahren hin und wieder als Schlafplatz genutzt haben.

Einen unbequemen Platz hätten sie im Keller finden können: Dort sind noch drei gemauerte Betten in den früheren Zellen erhalten. „Hier waren nur vorübergehend Festgenommene untergebracht“, sagt Rehnen. „Zum Beispiel zur Ausnüchterung.“ Durch eine Kellertür gelangt der Kempener wieder in die „Freiheit“. Draußen schaut er sich das Gebäude noch einmal in Ruhe an: „Es ist schon ein komisches Gefühl, dass das alles bald weg ist.“