Fakten vor laufender Kamera verdreht
Im Prozess um die St. Huberter Cannabis-Plantage wird ein Zeuge aus Polen zugeschaltet.
Krefeld/St. Hubert. Das gab’s noch nie am Krefelder Landgericht: Im Prozess gegen den Polen MateuszS. (29) wurde jetzt ein Zeuge über Bildschirm aus einem polnischen Gerichtsgebäude zugeschaltet. Dazu nahm die Dolmetscherin Maria K. neben dem Richter Platz und übersetzte dessen Fragen und die des Verteidigers.
Die Vernehmung dauerte fast 90 Minuten. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, als Mitglied einer Band an der St.Huberter Bahnstraße und in einer leerstehenden Halle im Rhein-Erftkreis Cannabiszucht-Anlagen aufgebaut und damit schwunghaften Handel getrieben zu haben. Er wollte sich mit dem Weiterverkauf in die Niederlande eine goldene Nase verdienen.
Im Ursprungsprozess hatte der zu dreieinhalb Jahren verurteilte und in sein Heimatland abgeschobene Zeuge B. den Namen von Mateusz ins Spiel gebracht. Mateusz habe auf den beiden Plantagen die Pflanzen aufgezogen und als Drahtzieher der Hintermänner Arbeitskräfte aus Polen angeworben.
"Aus familiären Gründen" wollte der zugeschaltete Zeuge nicht nach Deutschland kommen. Bei der Befragung via Kamera klafften bei B. Erinnerungslücken. Außerdem verwickelte er sich in Widersprüche zu dem, was er früher ausgesagt hatte.
Er kenne nur einen Mateusz als Kunde bei einer deutschen Tankstelle, wo er vorübergehend tätig war. "Den Nachnamen habe ich erfunden. Bei meiner Festnahme durch die Polizei wurde mir Strafmilderung zugesichert, wenn ich weitere Namen nenne. Ich wollte schnell aus der Haft, da mein Vater erkrankt war und gestorben ist. Mein Anwalt sprach damals von zwölf Jahren Knast."
Aufgrund der Falschaussage beantragte der Verteidiger, den Haftbefehl aufzuheben und den Bruder des Angeklagten zu vernehmen. Der könne bezeugen, dass Mateusz im Tatzeitraum auf seinem Bauernhof in Polen beschäftigt war.
Die Anträge wurden abgelehnt: Der Angeklagte habe seit seiner Festnahme im Oktober 2007 niemals auf die angebliche Arbeitsstelle bei seinem Bruder hingewiesen.
Der Prozess geht weiter.