Kempen Festzelt wird zum neuen Rathaus
Zu Altweiber haben die Möhnen die Oberhand — und sie freuten sich: Bürgermeister Rübo hat Wort gehalten und ein neues Domizil für die Verwaltung geschaffen.
Kempen. Von Zehn wird runtergezählt. 11.11 Uhr: „Jetzt geht’s los, wir sind nicht mehr aufzuhalten. . .“ Schon zum offiziellen Start des Straßenkarnevals beim Altweiber-Treiben ist das Zelt auf dem Buttermarkt gut gefüllt — so schunkeln sich die Damen-Truppe „Sterärer-Schnuppen“ in ihren schönen selbst gemachten Kostümen schon warm. „Es ist sehr schön. Die Musik ist gut“, freuen sich Petra Schmitz und Nicole Thelen. Schon seit 8 Uhr ist die zwölf Frau starke Truppe unterwegs. Erst frühstücken und schminken, dann ab ins Zelt. Alle drei Jahre — immer im Zugjahr — entwirft die Truppe ein neues Kostüm.
Viele Gruppen hatten sich gemeinschaftlich verkleidet. So wie die Truppe vom Schulverwaltungsamt der Stadt, die als glücksbringende Schornsteinfeger samt grünen Haaren und Kleeblatt gekommen sind. Klar, im Zelt ist mehr Platz als im engen Rathaus. Aber skeptisch zeigt sich Daniela Proksch dennoch, ob das auch ein adäquater Ersatz sein und die gleiche gute Stimmung aufkommen wird. „Mal sehen, wie der Einzug wird.“
Schön voll ist es dann schon gegen Mittag. Rund 500 Narren schieben sich durch das Zelt, so dass jeder, der nun noch dazu kommt, erst einmal auf Einlass warten muss.
Gegen 12 Uhr ist es dann soweit. Die hohen Herren der Stadt ziehen mit den Herrscherinnen des Tages, den Möhnen, ein. Mit Rollatoren schieben sich die alten Weiber durch die Menge auf die Bühne.
„Der Bürgermeister hat Wort gehalten“, freuen sich die Möhnen. Erst in seiner Haushaltsrede im Dezember hatte er ein neues Rathaus versprochen. Und am 4. Februar steht es schon fix und fertig auf dem Buttermarkt. Und den Haushalts-Ausgleich hatte das Stadtoberhaupt auch im Blick. Die Kosten für das Zelt hatte er dem Karnevals-Verein überlassen. Die Biermarken für die Stadt-Bediensteten seien rationiert. So sei auch der Arbeitseinsatz für den nächsten Tag sichergestellt.
Bürgermeister Volker Rübo meinte es gestern mit der politischen Korrektheit besonders gut
Bei so viel Frauen-Power bildeten die Herren der Stadtspitze natürlich nur noch den Back-Ground, wie die ihre T-Shirts verrieten. „Fehlend ohne Genehmigung“ war aus Sicht der Möhnen der Technische Beigeordnete Stephan Kahl, der einfach durch eine Schaufensterpuppe ersetzt wurde. „Während sich Stephan Kahl im Wellness erholt, ist seinen Vertretung auf Feiern gepolt.“
Politisch überkorrekt begrüßt Bürgermeister Volker Rübo die lieben „Möhninnen und Möhnen“, und zeigt sich begeistert von seinem neuen Rathaus. Noch ein paar Kabinen und ein bisschen Technik — schon sei der neue Verwaltungssitz fertig. Mit Blick auf das volle Zelt hört Rübo schon die Stadtkasse klingelt. Da könne der Kempener Karnevals-Verein (KKV) doch ruhig mal etwas abgeben — auch wenn KKV-Präsident Heinz Börsch das ein wenig anders sieht.
Auch wenn man als Bürgermeister schon mal alt aussehe, „immer, wenn die Möhnen kommen, fühle ich mich richtig jung“, freut sich Rübo. „Nach der Rathauserstürmung siehst du noch älter aus“, prophezeit da Heinz Börsch.
In Rübos Rede bekommt das Prinzenpaar, Rainer I. und Angelika I., sein Fett weg, das mit Grün und Gelb in den falschen Farben aufgelaufen sei. „Ich selbst bin in den richtigen Farben gekleidet“, so Rübo: Rot und Blau für Kempen.
Doch Prinz Rainer aus St. Hubert lässt sich nicht beirren und ruft neben „Kempen Helau“ auch „Zint Huppert Kaak“. Auch er freut sich über das gefüllte Zelt. „Eine solche Altweiber-Fete hat es in Kempen noch nicht gegeben.“ Am Sonntag, wenn die Rathauserstürmung ansteht, wolle er sich die marode Bausubstanz des Rathauses genau ansehen. „Ab Sonntag wirst du nur noch eine kleine Rolle spielen“, sagt der Prinz dem Bürgermeister voraus. Unterstützung gibt es auch vom stellvertretenden Bürgermeister Otto Birkmann: „Ihr habt die richtigen Farben an.“ Alle drei Jahre bekommt der KKV eine Frischzellenkur aus St. Hubert in Form eines neuen Prinzen. Und es klingt schon fast ein wenig nach einer Drohung, als er sagt: „Wir haben noch ganze Schubladen voll. Es werden immer genug Prinzen da sein.“
Die hohen Herren und die alten Weiber erfreuen die Zuschauer noch mit einem Tänzchen, bevor sie das Partyvolk bei Musik und Tanz weiterfeiern lassen. Nach dem Spektakel zeigen sich viele Zuschauer übrigens begeistert. Mehr Platz und eine bessere Sicht auf die Möhnen-Show überzeugt auch Skeptiker der „Zelt statt Rathaus“-Idee. “ Mehr Bilder zur Altweiber-Fete finden Sie unter
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