Heiraten in den alten Gemäuern der Weber
Die Tür des St. Huberter Weberhauses an der Königsstraße stand Besuchern am Sonntag offen.
St. Hubert. Das Weberhaus an der Königsstraße 48 war am Sonntag ein beliebtes Ausflugsziel. Mitglieder des Heimatvereins erklärten anlässlich des Museumstages, wie das Leben der einfachen Weber früher war: Es war alles andere als ein Zuckerschlecken. Die vielen Exponate aus längst vergangenen Zeiten gaben den Besuchern eine Vorstellung davon, wie ihre Vorfahren gelebt haben.
„Es gab rund 150 solcher Weberhäuser in St. Hubert, einige wenige sind erhalten geblieben, aber die meisten davon wurden total verbaut“, erklärte Jupp Güldenbog, Vorsitzender des Heimatvereins.
Es waren am Sonntag überwiegend ältere Besucher, die sich noch an das Waschbrett erinnern konnten. Ebenso wie an den Bottich, in dem früher die Wäsche gekocht wurde. Gleich nebenan hielten die Weber Schwein und Ziege. „Die Ziege galt als die Kuh des kleinen Mannes“, so Werner Bovenschen, stellvertretender Vorsitzender des Heimatvereins.
Wer die steile Treppe ins Obergeschoss geschafft hatte, dem zeigte Bovenschen ein besonderes Stück Holz aus dem Jahre 1785: „Das ist ein Sterbebrett, es wurde vor die Tür gestellt, wenn ein Angehöriger verstorben war. Die Nachbarn konnten sich dann von dem im Haus Aufgebahrten verabschieden.“
WC, Bidet, Dusche oder gar Badewanne? Gab es alles nicht. Die Männer betrieben draußen an der Pumpe ein Minimum an Körperpflege, für die Frauen stand ein sogenanntes Waschlampett zur Verfügung, bestehend aus einer Kanne und einer Schüssel.
Der größte Raum diente als Arbeitszimmer. Der Webstuhl nahm sehr viel Platz weg. Da es noch keinen Rundfunk gab, hielten sich viele Weber einen Vogel in einem Käfig, der sie mit Gesang unterhielt. Treffpunkt war die Küche, die Wohnstube wurde nur ausnahmsweise zu besonderen Anlässen genutzt.
Bovenschen unterhielt die Besucher mit Wissenswertem: Zum Beispiel damit, dass am 30. November 1903 eine Genossenschaft ein Elektrizitätswerk nicht weit vom Weberhaus an der Königsstraße/Hahnendyk in Betrieb genommen hatte. Nach und nach gingen die Lichter in St. Hubert an. 1912 wurde auf Wechselstrom umgerüstet.
Eine andere Erfindung hatte den Webern bereits 1871 den Arbeitsalltag erleichtert: Damals war eine Bahnverbindung nach Krefeld geschaffen worden. Bis dahin mussten die Weber, den mächtigen Tuchbaum auf dem Rücken, zu Fuß nach Krefeld marschieren und ihre Ware verkaufen. rudi