Innerem Kinski Chance geben

Anecken macht Spaß, meint Frank Fischer und den Zuhörern gefällt’s.

Foto: Reimann

St. Hubert. „Gewöhnlich sein kann jeder“, heißt das neue Programm von Frank Fischer. Der 44-jährige Mainzer ermuntert sein Publikum, Ungewöhnliches zu wagen, um das Leben lustiger und spannender zu machen. In St. Hubert kam das sehr gut an, und das ist absolut nachvollziehbar: Fischer kann seine Zuschauer begeistern und in kurzen Intervallen immer wieder heftig zum Lachen bringen — mehr kann man für sein Eintrittsgeld kaum geboten bekommen.

Die Menschen leben in der Regel, ohne anecken zu wollen. Warum eigentlich? Fischer bringt Beispiele und Anregungen, wie es auch anders gehen kann — zum Beispiel im Mercedes-Autohaus, mitten im Verkaufsgespräch: „A-Klasse, B-Klasse, alles schön und gut, aber haben Sie auch neue Opel Astra?“ Der bekennende Bahnfahrer kann auf eine ihm von einem anderen Fahrgast aufgezwungene Diskussion über Asylanten so kontern: „Ich bin vor zwei Jahren von Syrien gekommen und jetzt bin ich im Vorstand von Siemens.“

„Machen Sie das hauptberuflich?“, werde er nach der Vorstellung nicht selten gefragt. Seine Antwort hierauf: „Nein, hauptberuflich stelle ich blöde Fragen — wir sind also beinahe Arbeitskollegen.“ Frank Fischer lässt sich von Alltagssituationen inspirieren. Er formt aus diesen Erfahrungen hervorragende Sketche. Der bekennende Fleischesser — er nennt es Wurstianer — verriet, wie man selbst in einem überfüllten Zug sehr schnell sehr viel Platz hat: Ein fiktives Telefonat kann da helfen. Man muss nur laut genug sprechen. Ein von Fischer empfohlener Wortlaut: „Ja, der Doktor sagt, er weiß nicht, ob das ansteckend ist . . .“ Dann muss laut gehustet werden.

Der 44-Jährige, der seinen Haarkranz radikal abrasiert, hatte einen Tipp speziell für seine „Frisurkollegen“ parat: Zu später Stunde an die Hotelrezeption gehen und reklamieren, dass der Fön nicht funktioniert. Eine Alternative: Sich Spaghetti über den Kopf kippen und erfreut rufen: „Haare, endlich wieder Haare!!“ Eine Variante, für die man sich entscheiden kann, wenn der Zug aus dem Tunnel kommt: „Ein Wunder ist geschehen, ich kann wieder sehen!!“

Eine seiner Spezialitäten ist es, Sprichwörter zu verbinden, die eigentlich nichts Verbindendes haben. Das kann sich dann so anhören: „Was der Bauer nicht kennt, lernt Hans nimmermehr.“

Der Alltags-Anarcho, der mit seinem Publikum locker umgeht, empfiehlt sogar, dem „inneren Klaus Kinski“ eine Chance zu geben und gibt sogleich ein mögliches Beispiel. Er bringt tolle Parodien, wobei es ihm der Sachse offenbar besonders angetan hat. Herrlich, wie Fischer ein über und über tätowiertes, bedrohlich aussehendes Muskelpaket im Fitnessstudio beschreibt, das ihn Sekunden später mit hoher Stimme und freundlich-ergeben fragt, ob er ihm die Uhrzeit sagen könne. Es sind eben die überraschenden Momente, die Fischer als so etwas wie das Salz in der Suppe preist. Mal ergeben sie sich von allein, öfter muss man aber auch dem Zufall nachhelfen. rudi