Jugendtheater: Geniale Musik mit ernstem Hintergrund
Das Musical „Cabaret“ wird in Oedt gezeigt. Es spielt in der Zeit vor der Machtergreifung der Nazis. Deshalb werde getuschelt, so die Regisseurin.
Grefrath. „Die Musik ist einfach genial“, sagt Magdalena Bartkowiak über „Cabaret“. Mit ihrem Grefrather Jugendtheater zeigt sie das weltberühmte Musical in der kommenden Woche dreimal in der Albert-Mooren-Halle. Doch die Vorfreude ist getrübt. „Will sie uns nun unsere Geschichte, die Verfehlungen der Vergangenheit unter die Nase reiben?“, werde getuschelt, sagt Bartkowiak. Und ergänzt nachdenklich: „Wir wohnen in einem kleinen Dorf. Da kriegt man das alles mit.“ Immer wieder höre sie entsprechende Kommentar, ohne aber konkret angesprochen zu werden. Ob das an ihrer polnischen Herkunft liegt? „Ich hoffe nicht, dass die Leute so denken“, sagt Bartkowiak. Sicher ist sie sich aber nicht.
„Cabaret“ spielt im Berlin der 1930er-Jahre, kurz vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten. Die Hoffnung auf ein besseres Leben nach der Wirtschaftskrise und ein dekadentes Lebensgefühl einerseits, wachsende Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus andererseits bilden den Hintergrund für Liebesgeschichten. Das alles spielt im Kabarett, mit Glanz und Glitzer, Tanz und Musik.
Julian Göbel, der im Musical „Cabaret“ einen überzeugten Nazi spielt
Die jungen Schauspieler sind von dem Stück angetan. „Es ist schon etwas anderes und zuerst muss man sich Gedanken darüber machen. Aber die Geschichte auf die Bühne zu bringen, ist ein guter Weg, um zu zeigen, wie es war und dazu beizutragen, dass es nicht wieder passiert“, sagt Franziska Türk. Sie spielt „Fräulein Kost“, die zuerst unpolitisch ist, aber schnell merkt, dass es einfacher ist, sich der Masse anzuschließen.
„Das Stück zeigt, dass es ein schleichender Prozess war. Zuerst gibt es wenige Überzeugte, später ist es eine Massenbewegung“, sagt Ludwig Brix, der als Conferencier durch das Stück führt. Dies auf der Bühne zu zeigen, sei eine bessere Art der Vermittlung als Frontalunterricht.
Julian Göbel (18) spielt einen überzeugten Nazi: „Bei unserem letzten Stück ,Grease’ ging es um High-School-Leben und Jugendliebe. Da war es einfacher, sich in die Rolle hineinzuversetzen.“ Und ergänzt: „Man sollte mit Respekt an das Thema herangehen, aber keine Angst davor haben.“ Auch Emilia Horn (13) musste sich mit ihrer Rolle als Mitglied der Hitler-Jugend erst anfreunden: „Aber das ist ja nur eine Rolle und nicht meine Meinung.“
Die Hakenkreuze, die in dem Stück auftauchen, sorgten zuerst für Unbehagen, besonders bei Magdalena Bartkowiak. Aber ihre Schauspieler sind der Meinung: Das gehört zur Geschichte.
Die 52-Jährige ist überrascht, mit Vorbehalten konfrontiert zu werden. Sie ist überzeugt, dass vieles auch aus Unwissenheit gesagt wird. Ihre Empfehlung: Vor allem Skeptiker sollten sich das Stück ansehen. Das Thema Nationalsozialismus stehe nicht allein im Vordergrund. Aber die Hintergründe regen zum Nachdenken an.