Von Händel bis Rammstein Auf ungewohnten Wegen durch die Musikgeschichte
Kempen · Countertenor Valer Sabadus und die „klassische Band“ Spark begeisterten mit ihrer Neuinterpretation von Werken aus Klassik und Pop in Kempen.
(tg) Man darf getrost davon ausgehen, dass so mancher Konzertbesucher beim Blick ins Programm kurz zusammenzuckte. Neugierig machte es auf jeden Fall: ein Rammstein-Song bei den Klosterkonzerten in der Reihe „Musica antica e viva“? Für solch ein extravagantes Unterfangen scheint in Kempen die Kombination aus dem weltbekannten rumänisch-deutschen Countertenor Valer Sabadus sowie der aus Andrea Ritter (Blockfläte), Daniel Koschitzki (Blockflöte, Melodica), Stefan Balazsovics (Violine, Viola), Victor Plumettaz (Cello) und Christian Fritz (Klavier) bestehende Gruppe Spark prädestiniert zu sein, die hier bereits 2020 für Furore sorgte.
Nicht anders war es am Sonntagabend, als die Musiker in der ausverkauften Paterskirche über zwei Stunden lang ihr ausgefallenes Programm präsentierten, dessen inhaltlicher roter Faden die titelgebende „Sehnsucht nach dem Paradies“ („Closer to paradise“) war. Diesen menschlichen Wunsch nach Erfüllung in seinen unterschiedlichen Bedeutungsnuancen loteten die Interpreten in vier getrennten Akten aus, die der italienischen Barockmusik, französischer Spätromantik und Chansons, deutschen Liedern von Romantik bis Heavy Metal sowie angelsächsisch inspirierter zeitgenössischer Musik gewidmet waren. Ein Großteil der Stücke war naturgemäß von Mitgliedern von Spark für die eigenen Zwecke arrangiert; zwei Werke gegen Ende des Konzertes waren sogar Eigenkompositionen.
Beeindruckend war neben dem über jeden Zweifel erhabenen technischen Niveau der Protagonisten und der exzellent einstudierten Choreografie die suggestive Kraft ihres Zusammendenkens der Epochen und Stile, die sie als schlüssiges Gesamtpaket darboten.
Schon zur Pause
gab es Standing Ovations
Unterstützt durch einen Verstärker funktionierte selbst die Umgestaltung von Rammstein oder Depeche Mode, bei der sich Sabadus regelrecht die Seele aus dem Leib sang, auch wenn man ihn ebenso gerne weiterhin mit Händel oder Vivaldi hört. Eine witzige Idee war der Einsatz einer Melodica vor allem beim französischen Part, etwa Kurt Weills „Youkali“ oder Ferrés „Écoutez la chanson bien douce“. Mitreißend auch Plumettaz‘ „Scotch Club“, das mit seiner hypnotisierenden Rhythmik an das Aachener Tanzlokal erinnerte, in dem in den 1950er Jahren erstmals weltweit ein DJ auflegte.
Abgesehen von einer gewissen inhaltlichen Unschärfe, die daraus resultierte, dass das besungene Paradies als Projektionsfläche für alles Mögliche dienen konnte, blieb am Schluss die bohrende Frage, worin der künstlerische Mehrwert der Arrangements gegenüber den Originalstücken besteht. Show und Spielerei oder doch musikalischer Ernst? Dem Enthusiasmus des Publikums tat dies indes keinen Abbruch: Standing Ovations bereits zur Pause.