Kempen: Ausstellung - Weihnachten bei Goethes

Im Kramer-Museum dreht sich bald alles um Dichter und ihre Christbäume.

Kempen. Monika Lennartz zupft sorgfältig an einem Büschel Engelshaar, dreht einen vergoldeten Stern zurecht und betrachtet zufrieden den kleinen Christbaum, der vor ihr steht. Manche Menschen lieben Weihnachten so sehr, dass sie es jeden Tag feiern könnten. Für die Kunsthandwerkerin ist es ein Teil ihres Jobs.

Die Mönchengladbacherin bereitet zur Zeit im Kramer-Museum ihre neue Ausstellung "Nicht nur zur Weihnachtszeit" vor, bei der große Literatur auf kleine Weihnachtsbäume trifft.

19 Exemplare hat Lennartz so gestaltet, wie sie in den Werken bekannter Schriftsteller beschrieben werden. Direkt neben den Bäumen gibt es für die Besucher die jeweiligen Textauszüge zum Mitlesen. Bei einem Gang durch das Museum kann man ab Samstag, 6. November, einen Streifzug durch die Geschichte der grünen Weihnachtsdekorationen unternehmen.

Die Zeitreise führt zurück bis ins Jahr 1419. In der Chronik der Freiburger Bäckerzunft findet sich die erste schriftliche Darstellung eines Christbaums. Dieser war mit Backwaren geschmückt und stand in den Gemeinschaftsräumen.

Doch es war niemand anderer als der deutsche Nationaldichter Johann Wolfgang von Goethe, der den Christbaum unter das Volk und in die privaten Wohnräume brachte. "Goethe war ein Christbaum-Fan", sagt Lennartz. Deshalb habe er in seinem 1774 erschienen "Die Leiden des jungen Werthers" detailliert einen solchen beschrieben und am Weimarer Hof des Herzogs Carl August aufstellen lassen.

Die bürgerliche Oberschicht habe das nachgeahmt. Sogar Friedrich Schiller ließ sich von seinem Freund inspirieren. Wie aus einem Schriftstück hervorgeht, dekorierte er bei einem Besuch kurzerhand einen Baum für seine Gastgeber - natürlich nach Goethe-Vorbild.

Aber auch andere literarische Größen huldigten dem Weihnachtsbaum. Es findet sich in der Ausstellung das mit silbernen Kugeln und weißen Lilien versehene Exemplar aus Thomas Manns "Budenbrooks" und das kunterbunte Durcheinander, das sich Astrid Lindgren für ihre Pippi Langstrumpf ausmalte.

Großen Eindruck hinterließ Märchendichter Hans-Christian Andersen bei seinen Landsleuten: Noch heute verwenden viele Dänen die Farben Blau, Rot und Weiß sowie Trolle und Wichtel aus Papier, wie sie in seinen Schriften auftauchen.

Ein wahrer Künstler am Christbaum soll Theodor Storm gewesen sein. Der Schriftsteller beschäftigte sich nicht nur theoretisch mit dem Thema, er legte gleich selber Hand an und bastelte besonders gerne vergoldete Nüsse und Äpfel, wie in einem Brief seiner Tochter zu lesen ist.

"Nicht nur zur Weihnachtszeit" von Heinrich Böll ist Lennartz’ ganz persönlicher Liebling. Beim Lesen der Geschichte kam die Idee zu der Ausstellung, und auch der Titel war gleich geboren.