Ärger Studien-Hilfe: Grenzgänger gehen leer aus
Kempen/Venlo. · Ein Kempener, der in Venlo studiert, ist von den Corona-Hilfen des Bundes ausgeschlossen – ausländische Unis sind nicht Bestandteil des Programms.
Jonas Bauer (Name von der Redaktion geändert) tut das, was viele Politiker in der Grenzregion begrüßen. Der 25-Jährige wohnt in Kempen und pendelt zu seinem Studienplatz an der Fontys Hogeschool im niederländischen Venlo. Schließlich spielt eine Grenze in der Europäischen Union (EU) in diesem Fall keine Rolle. Der Kempener sammelt in dieser grenzüberschreitenden Lebensphase viele wichtige Erfahrungen und ist sich sicher, das richtige gemacht zu haben.
Auf eine Erfahrung, die er jetzt in der Corona-Krise macht, hätte er aber verzichten können. Denn das grenzüberschreitende Studentenleben des Kempeners stößt an behördliche Grenzen. „In normalen Zeiten verdient sich mein Sohn in der Kempener Gastronomie etwas dazu“, berichtet der Vater des Studenten, der sich bei der WZ gemeldet hat. In Corona-Zeiten fielen dieser Minijob und die damit verbundenen Einkünfte weg. Für solche Fälle hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung erst kürzlich ein Soforthilfeprogramm aufgelegt. Für Juni, Juli und August können Studenten auf sehr unbürokratischem Weg zwischen 100 und 500 Euro pro Monat als Überbrückungshilfe beantragen.
Eine gute Idee, die aber nicht allen hilft. Denn Studenten, die an einer ausländischen Hochschule oder Universität studieren, können das Hilfsprogramm nicht nutzen. Diese Erfahrung hat Jonas Bauer schon beim Ausfüll-Versuch des Antrags im Internet gemacht. Und diese Erfahrung bestätigt das Bundesministerium (BMBF) auf Anfrage der WZ.
„Das BMBF hat eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um deutsche Studierende an ausländischen Hochschulen zu unterstützen. So gibt es Erleichterungen beim Auslands-BAföG und bei Stipendien über den DAAD und die Begabtenförderwerke“, teilt die Berliner Pressestelle mit.
„Für eine Auszahlung der Überbrückungshilfe an deutsche Studierende ausländischer Hochschulen fehlt unter anderem eine verlässliche Grundlage, um festzustellen, ob tatsächlich eine pandemiebedingte Notlage vorliegt.“ Darüber hinaus gebe es keine den Studenten- und Studierendenwerken vergleichbaren Partner, über die eine Antragsstellung, -prüfung und Auszahlung möglich wäre, so das Ministerium. „Ein angemessener Umgang mit öffentlichen Mitteln ist auf dieser Grundlage nicht möglich.“
Andersherum ist die Nutzung der Hilfe übrigens möglich. Ein ausländischer Student, der an einer deutschen Hochschule eingeschrieben ist, könne das Programm nutzen, heißt es auf der Homepage des Ministeriums. Das funktioniere, weil die Anträge über die jeweiligen Studierendenwerke abgewickelt werden.
Ausnahmen für Grenzgänger – also für Studenten, die in Deutschland wohnen und in den Niederlanden studieren – sind laut BMBF auch nicht in Sicht. Gedanken zu diesem Thema habe man sich bislang nicht gemacht, heißt es auf Anfrage aus Berlin. Stattdessen verweist das Ministerium auf anders gelagerte Alternativen für Studenten im Ausland: „Innerhalb der Europäischen Union und in der Schweiz kann ein vollständiges Studium an einer ausländischen Hochschule von Beginn an bis zum Erwerb des ausländischen Abschlusses nach dem BAföG gefördert werden. Daher sollten diejenigen, die dem Grunde nach BAföG-berechtigt sind, aber bisher kein BAföG beantragt haben und deren Einkommen jetzt wegen der Corona-Pandemie entfallen ist, zuerst BAföG beantragen.“ Normalerweise werde bei der Berechnung des BAföG das Elterneinkommen aus dem vorletzten Kalenderjahr berücksichtigt. Wenn jetzt, zum Beispiel wegen Kurzarbeit auf Grund der Corona-Pandemie, Eltern einen Teil ihres Einkommens verlieren, dann könne das für BAföG-Bezieher berücksichtigt werden.
Das Problem von Jonas Bauer und vielen anderen Studenten muss Politiker, die sich für das grenzüberschreitende Lernen und Arbeiten einsetzen, ein Dorn im Auge sein. Zu diesen Politikern gehört der CDU-Landtagsabgeordnete Marcus Optendrenk. Dieser erfuhr nun durch die WZ von dem Problem. „Das sieht danach aus, dass Politik hier eine alternative Lösung finden muss“, sagt der Nettetaler. Dass bürokratische Hürden hier im Wege stehen, entspreche nicht dem europäischen Gedanken.
Mit Blick auf die Fontys sei der Fall besonders kurios, weil die Venloer Hochschule eine erfolgreiche Dependance im Technologie- und Gründerzentrum (TZN) des Kreises Viersen betreibt – in Kempen. Optendrenk ergänzt, dass wie bei vielen schnell aufgelegten und richtigen Programmen ein Fehler im Detail stecken könnte. Er werde sich auf Landesebene mit dem Thema befassen.