Projekt an der Grundschule St. Hubert Wo Kinder zu kleinen Artisten werden
Kempen · An der Grundschule in St. Hubert hat der Zirkus Soluna sein Zelt aufgeschlagen. Freitag ist Premiere in „Hubertinis Zirkuswelt“.
Emma und Nayla blicken sich an. Ein kaum merkliches Nicken – und die beiden achtjährigen Mädchen setzen den ersten Fuß von der Plattform auf das Seil. Arme werden wie Balancierstangen rechts und links ausgestreckt, und der Gang über die schmale Luftbrücke beginnt. Iris Kerkosjus und Alexandra Pasch, die neben den Schülerinnen der St. Huberter Grundschule gehen, allerdings mit festem Boden unter den Füßen, beobachten jeden Schritt. Sie sind bereit, jederzeit einzugreifen, wenn es wackelig wird.
Doch die Lehrerin und die ehrenamtlich hier tätige Mutter haben keinen Grund dazu: Emma und Nayla laufen gekonnt über das Seil. Emma hebt ein auf der Mitte der Strecke liegendes rotes Tuch gekonnt auf, gibt es an Nayla weiter. Dann drehen sich die Mädchen auf dem Seil um und balancieren zurück zur Plattform. „Super!“ – das Lob kommt von Anna Kubenka, die als weitere Mutter die Seiltanzgruppe mitbetreut.
Daneben sind weitere Kinder in der Manege beschäftigt: Vom blauen Zeltdach mit den weißen Sternen hängen zwei Trapeze über dicken roten Turnmatten herab. Während Migel, sich mit den Händen haltend und den Füßen abstützend, an der Trapezstange gerade in die Brücke gegangen ist, hat Jonathan die Stange unter seinen Kniekehlen. „Jetzt langsam und vorsichtig loslassen“, gibt Diana Lauken vor, die ebenfalls als Mutter im Einsatz ist. Jonathan löst seine Hände von den beiden Seilen und hängt, sich nur mittels der Kniekehlen festhaltend, an der Trapezstange. „Perfekt“, lobt Lauken, die griffbereit neben dem Trapez steht, sollte der Kniehalt nachlassen.
An der St. Huberter Grundschule haben die 274 Kinder die Schulbank gegen die Manege eingetauscht. Der Zirkus Soluna ist für eine Woche da. Neben vier Zirkuspädagogen, die das erlebnispädagogische Zirkusprojekt betreuen, sind die 23 Lehrkräfte der Grundschule sowie 25 Mütter und Väter im Betreuungseinsatz. „Wir hatten vorab einen Workshop, bei dem wir entsprechend in circensischer Arbeit angeleitet wurden, damit wir als Vermittler agieren können“, berichtet Schulleiterin Mechthild Radtke.
Das Zirkus-Team gab zuerst
eine Vorstellung für die Kinder
Anfang der Woche gab es im Zirkuszelt, das das Team von Soluna am Wochenende zusammen mit mehreren Vätern mitten auf dem Schulhof aufgestellt hatte, eine Vorstellung von Lehrern und Eltern für die Schüler. Die Kinder konnten sich alles anschauen, danach selber Dinge ausprobieren und sich dann entscheiden, was sie am liebsten machen wollten. Als Renner entpuppte sich dabei die Arbeit am Trapez und mit dem Feuer.
„Wir arbeiten jahrgangsübergreifend, wobei wir die Schüler in die die Gruppen A und B aufgeteilt haben. A trainiert von 7.50 bis 10.25 Uhr und B von 10.35 bis 13.10 Uhr. Jede Gruppe macht letztendlich zwei Aufführungen mit jeweils elf unterschiedlichen circensischen Aktionen“, sagt Radtke.
In der Manege ist mittlerweile das Feuer entfacht worden. Lehrerin Sabine Schöpgens hat das Fakirbenzin in eine Kugel gefüllt und angezündet. Alexandra entzündet ihren Stab daran. Mit dem gelassensten Gesicht der Welt führt die Zehnjährige den brennenden Stab an ihre andere Hand und tippt jeden Finger mit der Flammen einzeln an. Liam nutzt seine Hände derweil zur Übertragung von Feuer. In der Hand einen brennenden und einen noch nicht brennenden Stab haltend, überträgt der Zehnjährige die Flammen und entzündet so den zweiten Stab.
Auch in den beiden Turnhallen wird fleißig trainiert. Bei Vater Christian Schleupen wirbeln die Luna-Sticks durch die Luft. Bei Dietmar Rheinfelder, ebenfalls ein Vater, sind die Laufkugeln im Einsatz, wobei Nova den Dreh raus hat: Sie bewegt sich so sicher auf der XXL-Kugel, dass sie es sogar schafft, auf der Kugel laufend durch einen Hula-Hoop-Reifen zu steigen. Emilia und Janna sind derweil in die Arbeit mit den Pois vertieft. „Habt ihr schon den Korkenzieher geübt?“, möchte Johannes Feick vom Zirkusteam wissen. Sekunden später kreisen die Kugeln, gehalten von den Handschlaufen, im Wechsel vor und über den Köpfen der Acht- und Neunjährigen. Die Zauberer haben ein Klassenzimmer als Übungsraum auserkoren. Seil- und Luftballontricks klappen schon sehr gut. Lautes Lachen ist bei den Clowns zu hören: Der Sketch mit dem verlorenen Ein-Eurostück sorgt allein schon beim Proben für Spaß und gute Laune.