Kempener pilgert fast 1000 Kilometer in fünf Wochen
Der Kempener Heinrich Pinant war Ende September zurück und um viele wunderbare Erfahrungen reicher.
Kempen. Heinrich Pinant kann von Schmerzen erzählen. Aber das ist nur ein Aspekt für den 60-jährigen Kempener, der Ende August nach Bayonne aufgebrochen ist. Von dort pilgerte er zu Fuß über den berühmten Jakobsweg bis nach Santiago de Compostela. Sieben Wochen Zeit hatte er sich für die fast 1000 Kilometer lange Strecke genommen, etwa fünf hat er gebraucht: Ende September war er zurück in der Heimat und um viele wunderbare Erfahrungen reicher.
„Es gab Pilger, die haben abends in der Herberge ihre Blasen an den Füßen herumgezeigt“, erinnert er sich. „Aber darum geht es doch nicht. Wenn das alles ist, was ich erlebe, dann brauche ich eigentlich nicht aufzubrechen“, sagt Pinant.
Und so zeugen die Ansichtskarten, die er täglich an seine 19 und 21 Jahre alten Kinder schickte, von den Gefühlen und den Erkenntnissen, die er auf den durchschnittlich 30 Kilometer langen Etappen gewann.
Am Ende des Tages war er froh, wenn er ein Bett in der Herberge bekam und ihm das einfache Pilgermenü schmeckte. „Liebe Annika, lieber Daniel“, steht auf einer Postkarte, „das Glücklichsein steigt, wenn die Ansprüche sinken. Euer Papa.“
Die Idee, diesen Weg zu gehen, hatte der bekennende, aber nicht praktizierende Katholik schon lange. Als klar war, dass der Wachabteilungsführer nach 35 Berufsjahren bei der Thyssen-Krupp-Werksfeuerwehr in den Vorruhestand gehen würde, wurden die Pläne konkret. „Ich wusste, ich muss ihn gehen“, erzählt der Kempener von einem inneren Zwang, den neuen Lebensabschnitt mit dieser Reise zu starten.
Drei Monate lang lief der sportliche Mann bei 15 Kilometer langen Wanderungen zweimal wöchentlich seine Schuhe ein. Zweimal wöchentlich Rennrad fahren und Tennisspielen standen ohnehin auf seinem Fitness-Programm.
Auf den ersten 450 Kilometern des Jakobsweges traf der Niederrheiner kaum eine Menschenseele. „Da hatte ich Zeit und Muße, mich mit den Fragen zu beschäftigen: Wer bin ich? Was will ich?“ Und der Pilgerer gewann Einsichten, die ihn bisweilen erschreckten. „Nach 500 Kilometern hatte ich dann alles abgearbeitet, ich war mit mir und meinem Leben im Reinen“, erzählt der 60-Jährige.
Ein gutes Gefühl, bei dem ihm dann auch die 15,5 Kilogramm Gepäck nicht belasteten. Dass es besser gewesen wäre, sich auf acht bis zehn Kilo zu beschränken, merkte er vor allem auf den letzten 250 Kilometern. Die Gelenke und die Muskeln reagierten auf die Dauerbelastung mit schmerzhaften Entzündungen, in den letzten drei Tagen vor dem Ziel bescherte ihm Dauerregen eine handfeste Erkältung.
„Da haben sich die Bäume im Sturm gebogen und ich bin knöcheltief durch Wasser gewatet“, erinnert sich Heinrich Pinant. „Aber ich konnte mich mental davon distanzieren und habe durchgehalten.“
Nun reflektiert er schreibend seine Erlebnisse und sortiert die vielen Fotos. „Anfangs hatte ich den Wunsch, diese Reise möge nie enden. Jetzt weiß ich, dass sie nie enden wird“, sagt der Familienvater. Die Erlebnisse und Erkenntnisse dieser Zeit haben ihn nachhaltig verändert. „Und damit wirken sie sich auf mein ganzes, zukünftiges Leben aus.“