Landwirte-Protest im Kreis Viersen So lief die zweite Trecker-Demo der Bauern

Kreis Viersen · Mit einer Sternfahrt protestierten Landwirte am Montag erneut gegen die Sparpläne aus Berlin. Mehr als 200 Fahrzeuge waren unterwegs. Wie die Trecker-Demo im Kreis Viersen verlief.

Mit rot-weißem Flatterband und Schildern waren die Landwirte am Montag im Konvoi unterwegs, hier zwischen Kempen und Tönisvorst.

Foto: Norbert Prümen

Auf dem Parkplatz des Eissport- und Eventparks in Grefrath stehen Dutzende Traktoren. Mit rot-weißem Flatterband an den Außenspiegeln und rotierenden Rundumleuchten warten sie auf den Start der zweiten Sternfahrt der Landwirte durch den Kreis Viersen. Von Grefrath aus geht es am Montag durch das gesamte Kreisgebiet bis nach Niederkrüchten, wo die Demonstration mit einem Mahnfeuer endet. „Eine Fahrt, mit der die heimischen Landwirte, die selbst nicht nach Berlin fahren konnten, hier vor Ort ihre Solidarität mit den Kollegen in Berlin zeigen“, sagt Helmut Oellers, Ortslandwirt aus Willich.

Es sind nicht nur Landwirte aus dem Kreis Viersen, die am Montag unterwegs sind. Auch Bauern aus dem südlichen Kreis Kleve beteiligen sich, darunter Andre Janssen aus Herongen und Simon Schoenmackers aus Wachtendonk. Die Politik habe bislang wenig Gesprächsbereitschaft gezeigt, meinen sie. „Wir können nur etwas bewegen, wenn wir ein Wir sind“, sagt Monika Kamp, Unternehmerin und Landwirtin aus Grefrath: „Es stellt sich die Frage, ob die Menschen nicht sehen, was hier passiert. Die Leute, die wir gewählt haben und die viel Geld bekommen, sollten auch unsere Interessen vertreten. Wir sollen sparen, und denen geht es gut.“

Solidarität zwischen
Lkw-Fahrern und Landwirten

So gehe es nicht weiter, sagt Daniel Päffgen, Inhaber vom Garten- und Landschaftsbau Grünwerk aus Schwalmtal. Nicht nur Landwirte seien betroffen, „es geht uns alle an“, so Päffgen: „Auch der normale Arbeiter spürt die Belastungen dieser Politik. Die Belastungen des Einzelnen werden immer größer. Alles läuft aus dem Ruder.“ Päffgen fährt bereits zum zweiten Mal mit, spürt allerdings im Betrieb erste Konsequenzen. Er berichtet von Kunden, die sich zurückziehen und ihn nicht mehr beauftragen würden. Päffgen: „In dem Moment, wo ich friedlich demonstriere, werde ich in Deutschland in die Ecke der Querdenker und rechten Szene gestellt.“

Auf dem Parkplatz am Grefrather Eisstadion sammelten sich die Landwirte am Morgen, unterwegs stießen weitere Fahrzeuge hinzu.

Foto: Norbert Prümen

Solidarisch mit den Landwirten erklärt sich Bernd Schoenmackers, Geschäftsführer des Eissport- und Eventparks Grefrath, auf dessen Parkplatz sich die Landwirte sammeln. „Die Politik spart bei den eigenen Bürgern, anderswo wird das Geld hingegen rausgeschmissen“, sagt Schoenmackers und fügt hinzu: „Ich möchte weiterhin regionale Lebensmittel essen können. Das geht aber nur, wenn die Landwirtschaft hier auch zu fairen Bedingungen produzieren kann. Zudem frage ich mich, wie es ökologisch vertretbar ist, wenn immer mehr Lebensmittel aus anderen Ländern nach Deutschland importiert werden.“

Der Parkplatz wird immer voller. Letztendlich sind es gut 100 Fahrzeuge – vom Traktor über Kleinlastwagen und Autos bis hin zu einem Lkw der RWG Rheinland –, die sich in Bewegung setzen. In Kempen schließen sich weitere Fahrzeuge an. An der Hochbendstraße in Anrath warten die nächsten 30 Traktoren in einer Reihe hintereinander, um sich in den Konvoi einzureihen, der sich von St. Tönis nähert.

Immer wieder ist ein Hupen von der Landstraße zu hören, wenn vorüberfahrende Lkw-Fahrer die Traktoren entdecken und mit einem kurzen Hupen und einem hochgereckten Daumen aus der Fahrerkabine hinaus ihre Solidarität bekunden. Auch Richard Luhr zeigt seine Solidarität. Allerdings ist der Willicher mit dem Fahrrad gekommen, als Zeichen seiner Zustimmung hat er rot-weißes Flatterband am Gepäckträger befestigt. „Am liebsten wäre ich heute auch in Berlin. Aber das geht nicht. Die Demonstrationen der Landwirte sind nicht nur für sie selber. Sie sind für jeden Bürger“, betont Luhr.

Man hoffe, dass man etwas bewirken könne, sagt Landwirt Peter Joppen aus Vorst, der seinen Traktor ebenfalls in die Reihe gesetzt hat. „Sie säen nicht, sie ernten nicht, aber sie wissen alles besser“, ist auf einem Schild an einem Trecker zu lesen. Viele Faktoren sorgen seit Längerem für Unmut in der Landwirtschaft, beispielsweise der Mindestlohn, der die heimische Landwirtschaft gegenüber Lieferanten aus anderen Ländern zurückwerfe, nationale Alleingänge bei Tierwohl und Pflanzenschutz – in Kombination mit einer überbordenden Bürokratie. Die jüngsten Kürzungsvorschläge bei der Agrardieselrückerstattung und die – inzwischen wieder zurückgenommene – Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung waren nur das Tüpfelchen auf dem i, das die Landwirte auf die Straße rief.