Leuth: Über die Rampe durchs Tor ins Nichts

Offene Tür: Im Atelier Busch 8 arbeiten elf Künstler aus drei Ländern. Am Sonntag lassen sie sich dabei über die Schulter schauen.

Leuth. Was für eine Karriere: Vergessen, verstaubt, vergammelt in einem Wiener Archiv- bis Franz Brunner kam: Er schuf nach dem alten Holzmodell eine sechsfach vergrößerte Installation, die zu den auffälligsten Objekten des Atelierprojekts 2010 in der Galerie Busch 8 gehört. Nicht minder markant ein überdimensionales Gerippe oder ein schwebendes Schiff - allesamt erdacht und geschaffen von elf Künstlern aus drei Ländern.

"Keiner weiß, wozu dieses Ding diente, vielleicht als Wandhalterung oder Stütze", sagt Brunner und dreht das gut einen Meter große Holzstück hin und her. "Ich habe mich für die unwahrscheinlichste Variante entschieden", lächelt der Österreicher: Eine Riesenrampe, die nach oben durch ein Tor ins Nichts führt, ins Bodenlose.

Bodenhaftung hingegen haben die schemenhaften Objekte von Sigrid Neuwinger: Hinten im Wäldchen hängen Strumpfhosen von den Bäumen, durch Steine beschwert, so dass sie auf dem Boden verankert sind: "Die Leichtigkeit, der doch etwas Bodenständiges anhaftet, möchte ich symbolisieren", erklärt die österreichische Künstlerin. Und schmunzelt: "Das hat auch was von Waldgeistern." Tatsächlich - durchs Geäst schimmern die Strümpfe, vom Wind gebeutelt, wie huschende Elfen im Efeu.

Vom Lufthauch bewegt auch ein Werk von Vladimir Kovaril: Der tschechische Künstler hat aus schwerem Holz den Boden eines Schiffsrumpfs mit Seilen ins Geäst gehängt, so dass die Planken knapp über dem Boden schaukelnd auf Luftwellen reiten. Im Garten gewachsen ist hingegen ein großes weißes Gerippe, wie die Reste eines Schiffsrumpfs. Klaus Schmitz-Becker hat es aus den Resten einer abgestorbenen Kirschlorbeer-Hecke geschaffen.

"Die Materialien finden wir in der Natur, in der Werkstatt oder haben sie mitgebracht, gekauft wurde nichts", erklärt Barbara Schmitz-Becker das Prinzip der "Arte povera", der so genannten armen Kunst. Die Hölzer habe die Schreinerei Sötje aus Resten zur Verfügung gestellt. "Wir hoffen, dass uns auch andere Nettetaler Firmen als Sponsoren unterstützen", so die Gastgeberin.

Seit dem 30.Juli arbeiten die Künstler aus Tschechien, Österreich und Deutschland im Atelier mit den verschiedenen Materialien. Am Sonntag lassen sie sich zum Tag der offenen Tür dabei über die Schulter schauen. Drinnen, wo ein Koffer mit Kopfschmuck auffällt. Oder draußen, wo die Riesenrampe nicht ahnen lässt, dass ihr als Modell ein Holzstück diente, das einst in einem Wiener Archiv vergammelte.