Künstler formen Wald zum Wohnort

Beim „Künstlersymposium Atelierprojekt“ verweben zwölf Künstler unterschiedlicher Gewerke ihre Arbeiten zu einem Gesamtkunstwerk. Am kommenden Sonntag ist Tag der offenen Tür im Atelier Busch 8.

Foto: Knappe

Leuth. Auf einer kleinen Lichtung im Wäldchen rund um Barbara Schmitz-Beckers Atelier Busch 8 steht eine abgesägte Holztheke im Stil der 1970er-Jahre. Passende Barhocker stehen davor und sind auf ihr abgestellt. Erinnerungen an unsägliche Keller- und Partyatmosphären drängen sich auf. Aber auch neue Fantasien: Was macht das Ensemble dort im Wald? Wie kam es dorthin? Was mag sich dort abgespielt haben? Zur Benutzung scheint es nicht gedacht. Eher wirkt das Ganze wie eine Bühne, auf der sich — real oder virtuell — etwas abspielt.

Sabine Naumann-Cleve, Künstlerin

Franziska Stuhr, Jonas Harbrich und Herbert Graf haben dieses Ensemble dort platziert. Sie sind die jüngsten Teilnehmer des Künstlersymposiums Atelierprojekt 2018, das im Atelier von Barbara Schmitz-Becker in Busch 8 in Leuth stattfindet.

Stuhr hat in Salzburg Regie studiert, der Mönchengladbacher Harbrich Kunst in Braunschweig und Graf Angewandte Theaterwissenschaften in Gießen. Diese Kombination aus Theater und Kunst führt zu dem überraschenden Objekt.

Was sie eint, so Stuhr, ist das Nachdenken über Räume. Was ist ein Raum? Wozu ist er da? Wie platziere ich mich in ihm? Fertig ist die Arbeit noch nicht. „Wir nutzen die Zeit, um von Tag zu Tag herauszufinden, was wir machen.“ Seit Freitag wohnen und arbeiten neben den drei Künstlern sieben weitere bei Barbara und Klaus Schmitz-Becker, lassen sich von der Umgebung und ihren Kollegen inspirieren und arbeiten. Das sind Tatjana Basting aus Berlin, Brigitta Heidtmann aus Krefeld, Setsuko Fukushima aus Meerbusch, Gabriele Hesse aus Geldern, Vladimir Kovarik aus Tschechien, Sabine Naumann-Cleve aus Mulfingen und Sabine Schellhorn aus Bremen.

Erstaunlich, findet Heidtmann, wie die entstehenden Arbeiten inhaltlich miteinander verzahnt sind, gedanklich ähnliche Ursprünge haben. Ein Grund liegt sicher in der Auswahl von Barbara Schmitz-Becker. Sie sucht die Leute aus, die orts- und naturbezogen arbeiten. Manche Themen, findet Klaus Schmitz-Becker, liegen in der Luft. Wie Bienen und ihre Waben.

Während Heidtmann die Schlupflöcher der Wildbienen aufgreift, bezieht sich Naumann-Cleve aus Essen auf den Bau der Waben. Komplizierter, als man denkt, hat sie festgestellt. Ihr Staunen vor der Perfektion der Natur sei wieder groß, sagt die Künstlerin.

Ihre Idee ist ebenso bewegend wie technisch anspruchsvoll: Sie zerschneidet alte Fotografien ihrer Eltern und setzt die zusammengeklebten Streifen zu kleinsten Waben zusammen, die ein Boot mit dem Titel „vorbei“ bilden. Die Idee von geschützten intimen Erinnerungen, die durch die Zeit fließen, drängt sich auf. Vielleicht bleibe das Boot Fragment, meint sie. Aber das schätze sie an der Situation eines Symposiums: nichts lenke sie ab, sie könne auch einmal experimentieren, sagt die Künstlerin.

Auf „Busch und Bach“ bezieht sich die Kollegin Sabine Schellhorn aus Bremen. Sie arbeite gerne für die Orte, an denen sie sei. So entschied sich die Künstlerin für den Wittsee. Mit dem Blick von oben schneidet sie die Umrisse des Wittsees aus schwarzem Teppich aus, der plötzlich etwas von einer Person bekommt, „die herüber zeigt“. Bei Wanderungen um den See fertigte Schellhorn Blindzeichnungen des Horizonts an, die sie in zarte, sich überlagernde Papierschnitte überträgt.

Das ist dann der horizontale Blick, der die Realität verfremdet, erklärt die Künstlerin ihre Arbeit.