Im Kinderheim St. Annenhof in Kempen ist immer was los. 102 Plätze bietet die Einrichtung in Trägerschaft der katholischen Kirchengemeinde St. Mariae Geburt Kempen für Jungen und Mädchen zwischen vier und 21 Jahren, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr in ihrer Herkunftsfamilie leben können. Im Kinderheim wohnen sie in Gruppen zusammen, Erzieherinnen und Erzieher begleiten sie beim Großwerden. Wie der Alltag im Kinderheim funktioniert, erfahren junge Leute im Bundesfreiwilligendienst oder im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ). Manchen gefällt die Arbeit mit den Kindern so gut, dass sie sich im Anschluss für eine Ausbildung oder ein Studium im sozialpädagogischen Bereich entscheiden.
Ein Jahr als Freiwillige im Kinderheim
So geht es auch Angelina Lider aus Weeze und Mia Janssen aus Krefeld. Die beiden jungen Frauen sind 18 Jahre alt und im Bundesfreiwilligendienst im Kinderheim in Kempen tätig. Neben ihnen sind derzeit auch zwei junge Menschen als FSJler im Kinderheim tätig – bis zu acht Stellen für „Bufdis“ und FSJler könne man im St. Annenhof pro Jahr vergeben, sagt Einrichtungsleiterin Janina Kador, die sich um den Bereich Personal kümmert. Was sie mitbringen müssen? „Motivation“, sagt Kador, „Lust auf die Aufgabe, Neugier, eine gewisse Offenheit.“ Und nein, auch wenn die katholische Kirchengemeinde Träger des Kinderheims sein: Katholisch sein müsse man nicht.
Angelina Lider entschloss sich, nach dem Abitur zunächst in den Bundesfreiwilligendienst zu gehen und nicht direkt ins Studium zu starten. Eigentlich habe sie fürs Lehramt studieren wollen, berichtet die 18-Jährige – nach der Zeit im Kinderheim soll es nun aber ein duales Studium der Sozialen Arbeit werden, und zwar weiterhin im St. Annenhof. Ab Herbst wird sie zwei Tage an der Uni verbringen, drei Tage im Kinderheim sein. Warum sie sich dafür entschied? „Die Zeit hier war total schön“, sagt die 18-Jährige: „Ich habe gemerkt: Mit Kindern im sozialen Bereich zu arbeiten, das ist genau mein Ding.“ Sicher hätte sie auch als Lehrerin mit Kindern zu tun gehabt, „aber da sieht man sie im Unterricht, begleitet sie nicht von morgens bis abends. Das ist hier anders.“
Auch für Mia Janssen hat sich der Berufswunsch geändert, seit sie im Kinderheim tätig ist. Nach dem Abitur habe sie sich zunächst in ein Studium gestürzt, Wirtschaftsingenieurwesen sollte es sein. „Ich habe aber gemerkt, dass das nichts für mich ist“, sagt die 18-Jährige. Daraufhin habe sie überlegt, ob sie nicht lieber etwas im sozialen Bereich machen sollte. Und über den Bundesfreiwilligendienst herausfinden wollen, ob das auch für sie passte. Die Arbeit mit den Kindern und der Austausch mit den Erziehern im Kinderheim führten dazu, dass sie sich entschieden hat: Zum Wintersemester beginnt sie nun mit einem erziehungswissenschaftlichen Studium. Warum sie glaubt, dass dieser Weg für sie der richtige ist? „Man kann so viel geben“, sagt Mia Janssen, „und man bekommt so viel zurück, wenn man die Kinder unterstützt. Das ist mir persönlich sehr wichtig: dass man etwas bewirken kann.“
Zu ihren Aufgaben gehören viele Dinge, die in Haushalten mit Kindern ganz normal sind: Spülmaschine ein- und Waschmaschine ausräumen, den Kindern helfen, ihre Zimmer aufzuräumen, fürs Wochenende einkaufen, kochen, mit den Kindern zum Arzt gehen, zum Fußball oder auf den Spielplatz. Im Bundesfreiwilligendienst oder FSJ ist Zeit dafür, die bürokratischen Aufgaben, die Erzieher sonst noch haben, müssen sie nicht erledigen, „die Kinder wissen zu schätzen, dass jemand so viel Zeit für sie hat“, sagt Janina Kador. Was die Kinder wohl an den beiden „Bufdis“ mögen? „Meine Art von Humor“, meint Angelina Lider: „Wir singen und tanzen. Ich glaube, die Kinder mögen meine lockere Art.“ Ihnen gefalle es, dass man offen mit ihnen umgehe, sagt Mia Janssen, auch mal albern sein könne. So entwickele sich ein vertrautes Verhältnis, ein bisschen wie zu einer großen Schwester, auch wenn man als „Bufdi“ auf der Erzieherseite sei.
Im Kinderheim, haben die beiden 18-Jährigen festgestellt, sei es ähnlich wie in einer großen Familie mit vielen Kindern. „Klar wohnen die Kinder nicht mehr bei ihren Eltern“, sagt Angelina Lider: „Aber wir machen es zu ihrem Zuhause.“