Mit Wasser und Gestank zum Leder

Die Gerberei erinnert an die Technik, mit der Tierhaut verarbeitet wurde.

Grefrath. „Fürs Gerben braucht man viel Wasser“, sagt Museumspädagoge Kevin Gröwig. Deshalb habe die Gerberei, die auf dem Gelände des Freilichtmuseums Dorenburg zu sehen ist, am Schlossgarten in der Innenstadt von Moers gestanden. Bis 1973 war sie dort in Betrieb, und zwar seit 1796, jedoch zunächst an anderer Stelle.

Das markante Gebäude mit den roten Holzspindeln ist dem Gebäude der Gerberei Brenner nachempfunden. Die Gerätschaften, den Dachstuhl und den Trockenraum zeigt das Museum aber im Original.

Foto: Kurt Lübke

Neben der Wasserversorgung brauchte das Handwerk auch viel Platz für Fässer, Häute und Leder. Meist waren die Betriebe außerhalb von Siedlungen, nicht nur weil sie auf das Wasser aus Flüssen und Bächen angewiesen waren, sondern auch, weil die Verarbeitung der Tierhaut einen extrem unangenehmen Geruch verbreitet.

Die Maschinen im Erdgeschoss — in der Wasserwerkstatt — wurden dafür eingesetzt, Haare und Fleisch von der Haut zu trennen. Verarbeitet wurden alle Häute von Tieren, die üblich waren, meist Rinder, Pferde und Schafe. Immer wieder musste die Haut nach dem äschern gewässert und gespült werden. Zum Einsatz kamen in früher Zeit Scherdegen und Gerberbock später unterstützte Dampfkraft die Arbeit. Ob Entfleischungs- oder Spaltmaschine, gut beschriftete Schilder erklären die jeweilige Funktion.

Eichenrinde war ein wichtiger Bestandteil des Gärprozesses. „Je nach Haut dauerte der Prozess in den Gerbergruben einen Monat bis zu einem Jahr“, sagt Gröwig. Was sich natürlich später im Preis für das Leder niedergeschlagen hat. Die großen Gerberfässer, die später zum Einsatz kamen, beschleunigten den Vorgang. Gröwig: „Sie waren mit 70 Grad heißem Wasser und Chemikalien gefüllt. Dünne Häute waren dann schon in wenigen Stunden fertig.“

Im ersten Stock wurde die Haut dann weiterverarbeitet. So bekam das Leder seinen Glanz durch eine Glaswalze, die mit Druck über die Oberfläche geführt wurde. In der vorindustriellen Zeit wurde dieser Effekt mit einem Stoßeisen erzielt.

„Für mich ist das Spannendeste der Trockenboden“, sagt der Museumspädagoge. Der ist im obersten Stockwerk des Gebäudes zu finden.

Warm, aber nicht zu warm und auch nicht zu feucht musste die Temperatur unter dem Dach sein. Denn schließlich sollte das Leder schön geschmeidig bleiben. Dazu gab es waagerechte Fensterläden, die dosiert Licht und Luft durchließen. Als Dämmmaterial wurden sogenannte Strohdocken oder Strohpoppen verwendet. Sie schützen auch gegen Zug. Auch ein Lastenaufzug ist zu sehen, mit dem unter anderem die Ware ins Erdgeschoss befördert werden konnte.

Zum Ensemble der Gerberei gehört auch das Sägegatter vor dem Gebäude. Das Sägewerk aus Hinsbeck, das dort wieder aufgebaut wurde, war noch bis in die 1990er Jahre in Betrieb. „Kernstück der Anlage ist das Horizontal-Sägegatter aus der Zeit um 1900. Durch das Schienensystem und den Elektromotor musste weniger Kraft aufgewendet werden.“