Kempen Nur mit Sonnenkraft durch die Wüste
Die Kempenerin Johanna Meyer war mit ihrem Hochschul-Team in Australien erfolgreich.
Kempen. Mit einem solarbetriebenen Buggy die Tanami Wüste in Australien durchqueren — das hat bisher nur ein Team der Welt geschafft. Und die Kempenerin Johanna Meyer war dabei. Eine 14-köpfige Truppe um Philipp Roth, Leiter des Solar-Buggy-Projektes an der Hochschule Bochum, hat sich dieser Aufgabe gestellt und sie erfolgreich absolviert. Auf der Tanami Road ging es an acht Tagen insgesamt 830 Kilometer durch die australische Wüste.
Dafür hatte die Crew bereits in Deutschland in jahrelanger Arbeit einen zweisitzigen Benziner zum Solarfahrzeug umgerüstet. Mit Hilfe einer etwa zehn Quadratmeter großen Solarfläche wurde der Wagen fernab der Zivilisation immer wieder aufgeladen. Neun der Teilnehmer waren Studenten, die an der Hochschule Bochum Elektrotechnik, Mechatronik oder Maschinenbau studierten. Die 25-jährige Johanna Meyer hat am Luise-von-Duesberg-Gymnasium Abitur gemacht und ihren Bachelor in Elektrotechnik, den sie in einem dualen Studium neben der Ausbildung absolviert hat, mittlerweile in der Tasche. Viele Frauen gibt es in ihrem Fachbereich nicht — im Solar-Car-Team außer ihr keine. Abgehalten hat sie das von der Teilnahme an der Tour nicht.
Bevor es soweit war, hatte die Truppe allerlei Hürden zu überwinden. Schon vor der Abfahrt stellte sich bei einer Probefahrt auf Texel heraus, dass der luftgekühlte Motor für die Fahrten im Sand ungeeignet ist, weil er überhitzte und er durch einen wassergekühlten ersetzt werden musste.
Dann kamen weitere Erschwernisse hinzu. „Es war schon schwierig, den Wagen ins Land zu kriegen“, erzählt Teammitglied Marius Tropper von den Schwierigkeiten mit dem Visum. Und vor Ort stellte man fest, dass es Probleme mit der Erlaubnis zum Befahren der Strecke gab und die Route daher verkürzt werden musste. Probleme mit Begleitfahrzeugen und Anhänger konnten gelöst werden, so dass die Tour zwar verspätet, aber erfolgreich starten konnte. Die Kempenerin war eine von vier Fahrern. Die Leichtesten mussten hinters Steuer, um so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen. Auf den ersten Kilometern mit dem Buggy auf der Tanami Road war die Ungewissheit, ob alles gut gehen würde, noch groß. Aber alles lief gut. Das Fahren auf der zum Teil sehr unebenen und holperigen Strecke machte sogar viel Spaß. „Aber es ist auch dreckig und sehr anstrengend“, erzählt Oliver Boczek, einer der Fahrer. Ohne eine Sonnenbrille, Kopfbedeckung und Maske oder Tuch zum Schutz vor Sonne und Staub ging es nicht.
Fuhr einer der besonders großen Lastzüge, ein sogenannter Road Train vorbei, die die Goldmine in der Tanami Wüste beliefern, wurde der Buggy samt Fahrer von einer undurchdringlichen Staubwolke umhüllt. Von einem roten Sandfilm überzogen kam man erst nach einiger Zeit wieder zum Vorschein. Beim Fahren mit dem Buggy war volle Konzentration gefragt. Um die Batterien zu schonen und so eine größere Reichweite zu erzielen, musste dauerhaft die optimale Fahrspur gesucht und die zuvor festgelegte Geschwindigkeit möglichst konstant gefahren werden. Mehrfach am Tag wurde der Fahrer gewechselt.
Die Untergründe änderten sich: Mal ging es über Schotter, mal Sand, mal Asphalt. Auf Asphalt wurde der Reifendruck erhöht, um den Verbrauch zu minimieren. Während der Fahrt wurden ständig Zwischenergebnisse vom Buggy per Funkspruch durchgegeben, um das Team auf dem aktuellen Stand zu halten und die Geschwindigkeit gegebenenfalls anzupassen. In den Begleitfahrzeugen wurde viel diskutiert, die Begebenheiten der Straßen wurden besprochen, auf den Buggy geachtet, verloren gegangene Teile eingesammelt oder neue Batterien für die Funkgeräte während der Fahrt durchs Fenster zum Buggy gereicht. Dafür einen Stopp einlegen — das konnte sich die Truppe nicht leisten. In den acht Tagen sei das Team gut zusammengewachsen. Neben der Fahrerei gab es auch noch einiges zu tun. Morgens und mittags mussten Holzgestelle aufgebaut werden, auf denen die Solarpanels für mehrere Stunden zum Laden aufgestellt werden konnten. Jeden Abend musste das Nachtlager aufgeschlagen werden. „Alle paar Kilometer ändert sich die Landschaft“, berichtet Marc Blüge.
Begleitet wurden sie über einige Strecken von Kängurus und Rinder. Tagelang mussten die Teilnehmer aufs Duschen verzichten. Die knapp 500 Liter Wasser, die das Team dabei hatte, mussten gut eingeteilt werden. Da war die Freude groß, als ein Wassertank angekündigt wurde. Alles in allem war es ein großes Abenteuer, das die Teilnehmer mit Stolz erfüllt hat: „Wir haben gemeinsam ein Fahrzeug entwickelt, das schwerste Gegebenheiten besser überstanden hat als Fabrikfahrzeuge“, sagt Johanna Meyer im Nachhinein. „Die Herausforderung, keine Zivilisation in Reichweite zu haben und vollkommen auf sich alleine gestellt zu sein, war für alle eine neue und faszinierende Erfahrung.“