Nur nicht Letzter werden

Hannes Timmermanns kämpft um den Titel des sichersten Lkw-Fahrers.

Hinsbeck. Eins, zwei, drei Stufen schwingt sich Hannes nach oben. Die königlich eingerichtete Fahrerkabine ist sein zweites Zuhause. Das Schlafabteil ist mit einem roten Vorhang mit weißen Troddeln abgetrennt. Die beiden Sitze sind bequem wie Sessel. Eine Holz-Box mit CDs steht auf der Ablage.

"Da sind zum Beispiel Paul Panzer und Herbert Knebel bei", sagt er. "Aber meistens höre ich Radio." Im Fach darunter eine Küchenrolle und ein Staubwedel. "Ich verbringe den größten Teil des Tages hier. Da will ich es ja wenigstens schön haben. Wenn ich das bei manchen Kollegen so sehe, nee, da kannste Kartoffeln pflanzen."

Hannes Timmermanns ist Berufskraftfahrer, und dazu der sicherste in Nordrhein-Westfalen. Mit dem ersten Platz beim Regionalausscheid in Grevenbroich hat er sich für den deutschlandweiten Wettbewerb am Samstag am Nürburgring qualifiziert.

"Bei der Siegerehrung war ich fix und fertig", sagt er. "Als nur noch die ersten zehn Plätze ausstanden, war ich so nervös. Bei Nummer vier dann klatsch nass geschwitzt und dachte schon, die hätten mich vergessen. Als dann klar war, dass ich erster bin, fiel mir alles aus dem Gesicht."

Er setzt den feuerroten 40-Tonner in Bewegung. Die zwölf Reifen walzen über den Asphalt in Richtung Witterschlick. Hannes muss eine Ladung Ton abholen und zurück zur Firma Lankes nach Brüggen bringen. "Seit 15 Jahren bin ich schon bei Lankes und seit 21 Jahren Lkw-Fahrer."

Schon immer hatte er es mit Motoren und großen Fahrzeugen. Selbst im Urlaub guckt er, "was so für Lkw herumfahren". Vor dem Wettbewerb am Samstag ist er nicht mehr aufgeregt. "Ich habe nichts zu verlieren. Was soll ich üben? Ich mache einfach weiter wie bisher. Ich will nur nicht letzter werden."

Im Blickfeld hängt ein Foto seiner beiden Töchter. "Die sind zwölf und 14 und echte Papakinder", wie er sagt. Manchmal begleiten sie ihn auf einer seiner Touren. Aber auch wenn sie nicht dabei sind, ist er nie allein in der Kabine.

"Mahlzeit!", tönt es aus den Lautsprecherboxen des Funkgeräts. "Hallo Toffi, allet jut?" Hannes winkt einem Traktorfahrer zum Dank, der ihm die Vorfahrt lässt. Auf der Gegenspur blinken zum Gruß die Scheinwerfer auf. "Man kennt sich halt."

Auf der Autobahn 61 staut sich der Verkehr. Das regt Hannes nicht mehr auf. "Aber der Grund dafür...", sagt er und schüttelt den Kopf. "Die müssen doch nicht das Gras am Rand schneiden, wenn hier so viel los ist." Nicht schön ist auch, wenn Autofahrer den Stinkefinger zeigen. "Manchmal muss ich überholen, ich habe ja einen Zeitplan", erklärt er. "Aber der Lkw zieht halt nicht so gut an."

Das Klischee vom faulen Kerl mit Feinripp-Unterhemd und Plauze ärgert ihn. Hannes hält sich mit Sport fit. "Ich fahre viel Fahrrad, oder arbeite im Garten. Da gibt es immer was zu tun. Ich stehe immer unter Strom." Der Kraftfahrer wohnt in einer selbst umgebauten Scheune in Hinsbeck. "Und da kriegt mich auch keiner weg. Ich bin so ein richtiges Landei."

Runter von der Autobahn, die Straßen werden enger und unübersichtlich, die Äste der Bäume klatschen aufs Dach. Hannes bleibt ruhig. Er kennt das alles. Routiniert schlägt er die Plane beiseite und lädt ab. Feierabend. Heute schon nach zehn Stunden.