Oedt: Aktion - Ausverkauf bei Girmes

Nachdem der größte Teil der Fertigungsmaschinen im Laufe der vergangenen zwei Jahre nach tschechien abtransportiert worden ist, kam das Inventar der Werkstatt am Dienstag für insgesamt 50 000 Euro unter den Hammer.

Oedt. Zum Ersten, zum Zweiten und zum Dritten. So klingt eine der vielen Strophen des Abgesangs bei Girmes. 2003 hatte der Konzern Insolvenz angemeldet. Der Mitarbeiterstab ist bis heute von einst 727 auf etwa 50 geschrumpft. Fast die komplette Produktion hat der neue französische Eigentümer Tissavel nach Tschechien verlagert.

Nachdem der größte Teil der Fertigungsmaschinen im Laufe der vergangenen zwei Jahre in diese Richtung abtransportiert worden ist, kam am Dienstag das Inventar der Werkstatt und der Instandhaltung unter den Hammer. Von Bohrmaschinen für 20 Euro bis zu einer Zahnradabwälz-Fräsmaschine von Liebherr für 9600 Euro. Etwa 50 000 Euro brachte die von der Auktions-Service-West GmbH durchgeführte Versteigerung insgesamt. Nach dreieinhalb Stunden war alles vorbei.

"Da kommt schon Wehmut auf", sagt Hermann van der Felde und lässt seinen Blick durch die Halle schweifen. 46 Jahre hat er dort als Fräser und Dreher gearbeitet. Heute ist er als Berater zur Auktion gekommen. "Einige Klein-Firmen und ehemalige Angestellte haben mich darum gebeten."

Obwohl er seit acht Jahren in Rente ist, half er in der Zwischenzeit immer wieder mal aus. Die junge Generation kenne sich mit den manuellen Drehbänken einfach nicht mehr so aus. "Ich bin mit Leib und Seele Fräser und Dreher. Wenn andere aus Hobby in den Garten gehen, mache ich in Metall", sagt der 68-Jährige und lacht.

Keiner kennt dieses ehemalige Herzstück der Girmes-Produktion wohl so gut wie der geborene Mülhausener. 30 Jahre war er Vorarbeiter, wo die Maschinen, die Girmes berühmt gemacht haben, in Schuss gehalten wurden. Mit 14 Jahren begann er dort seine Lehre. "Wir konnten hier nahezu jedes Ersatzteil nachbauen."

Wir, das sind zu Hoch-Zeiten knapp 70 Arbeiter gewesen. Zuletzt waren es noch rund zehn. Jetzt ist die Halle leer. "Für unsere neu aufgestellte Firma brauchen wir die Werkstatt nicht mehr", sagt Geschäftsführer Thomas Andrae. Das "konzentriertere Konzept" ginge im übrigen gut auf. Die Perspektive für die 50 in Lobberich und Oedt verbliebenen Mitarbeiter sei gut.

Zudem weißt er darauf hin, dass die Versteigerung über den Düsseldorfer Insolvenzverwalter Horst Piepenburg gelaufen ist und genau genommen nichts mehr mit Neu-Girmes zu tun habe. "Von Girmes unterm Hammer kann keine Rede sein."

Gründung: Johannes Girmes gründet am 10. November 1879 die Firma Johannes Girmes & Co. Sie soll das Wirtschaftsleben des Ortes viele Jahrzehnte dominieren.

Produktion: Girmes zählt lange Jahre zu den führenden Spezialisten hochwertiger dreidimensionaler Gewebe und etabliert sich in In- und Ausland gleichermaßen.

Insolvenz: 1989 hatte die Aktiengesellschaft Konkurs anmelden müssen. 2003 kam es dann zur Insolvenz der Nachfolge-GmbH. Die Schulden waren auf knapp 100 Millionen Euro angewachsen. Der Insolvenzverwalter entließ 260 von 727 Mitarbeitern. 2004 kaufte Tissavel die Girmes-Aktiva, reduzierte die Mitarbeiterzahl im Laufe der Zeit auf 50.