Offene Gartenpforte Freude im „grünen Wohnzimmer“
Kempen · Michael und Hannelore Vietoris investieren viel Zeit und Energie in ihren Garten. Das Ergebnis zeigen sie nun Besuchern.
Wenn Michael Vietoris über seinen Garten spricht, kommt er aus dem Lächeln gar nicht mehr heraus. Mit viel Liebe zum Detail haben er und seine Frau Hannelore sich hinter ihrem Haus an der St. Peter-Allee 23 ein eigenes Gartenparadies geschaffen. Blühende Blumenpracht hier, hochwertiger Nutzgarten dort – und mittendrin das Gackern von drei Hühnern sowie ein lautes Summen rund um mehrere Insekten-Hotels. Auf 500 Quadratmetern grünt, blüht, kreucht und fleucht es. „Unser Garten ist für uns Entpannung und Erholung, aber gleichzeitig auch eine Lebenseinstellung“, sagt der Kempener. Am kommenden Wochenende nimmt das Ehepaar Vietoris an der Aktion „Offene Gartenpforte“ teil. Rund 100 Gartenliebhaber im Rheinland werden ihre kleinen Paradiese für Besucher öffnen.
In jeder Ecke entdeckt
man etwas Neues
Im Garten an der St. Peter-Allee werden die Besucher erkennen, dass sich Hannelore und Michael Vietoris zu ihrem Hobby viele Gedanken gemacht haben. Neben bunter Pflanzen- und Gemüsevielfalt macht das Gartenreich auch landschaftsarchitektonisch richtig was her. Die Fläche ist durch Hecken und andere Trennelemente sowie eine geschickte Wegführung optisch aufgeteilt. „So kann man an jeder Ecke etwas Neues entdecken“, sagt Michael Vietoris. Und damit hat er Recht: So blühen im vorderen Teil vor allem verschiedene Blumenstauden in strahlenden Farben, die Hannelore Vietoris mit einem guten Auge für harmonische Farbkompositionen gewissenhaft auswählt. Geht man ein Stück weiter durch die 50 Meter lange Grünanlage, entdeckt man in gegliederten Teilbereichen unter anderem mehrere Gemüse- und Hochbeete, Obstbäume, Beerensträucher, ein kleines Gewächshaus und einen Hühnerstall mit angrenzendem Legehäuschen.
Dem Betrachter, der nicht über den grünsten Daumen verfügt, kommt gleich der Gedanke, dass das eine Menge Arbeit sein muss. „Arbeit? Das klingt so nach einer Last“, sagt Michael Vietoris. „Eine Last ist das für uns auf keinen Fall. Es ist eine Freude, wenn wir hier viele Stunden verbringen. Und es ist ein idealer Ausgleich, um von beruflichem Stress abzuschalten“, sagt der Gymnasiallehrer, der an der Liebfrauenschule in Mülhausen Erdkunde und Biologie unterrichtet.
Wenn man sich für eine solch aufwendige Gartenfläche entscheidet, müsse man das auch wirklich wollen, so Vietoris. Von März bis Oktober stehe das Garten-Hobby im Mittelpunkt. „Es gibt jeden Tag etwas zu tun. Und dann versuchen wir auch immer wieder, den Garten weiterzuentwickeln“, berichtet Vietoris über das „grüne Wohnzimmer“ im Kempener Süden. So habe sich die Fläche in den vergangenen Jahren immer wieder verändert. Mal, weil eine neue Idee umgesetzt wurde. Mal, weil das Ehepaar Vietoris gezwungen war: Der Buchsbaumzünsler habe dem Garten zugesetzt. Viele Pflanzen mussten raus, so habe sich das Bild der Gartenanlage völlig verändert.
Die chemische Keule haben die Hobby-Gärtner ganz bewusst nicht gegen den Zünsler eingesetzt. Denn entsprechende Mittel kommen den Kempenern nicht in den Garten. „Das ist unsere Haltung, unsere Lebenseinstellung. Alles, was hier wächst, wächst auf natürliche Weise fernab von industrieller Produktion“, sagt der 62-Jährige. Zum Düngen besorge er sich zum Beispiel Pferdemist von einem Hof in Klixdorf. Nichts sei künstlich hochgezüchtet – weder im Blumen- noch im Nutzgarten des Geländes.
Mit dem Hobby verfolgt das Ehepaar auch den Ansatz der Selbstversorgung. Sämtliche Gemüsesorten, Salat, Kartoffeln, Äpfel und andere Früchte – im Garten an der St. Peter-Allee gibt es fast alles, was es zum Leben braucht. Im Sommer ernähren sich Hannelore und Michael Vietoris überwiegend aus dem eigenen Garten. Jetzt seien noch Eier hinzugekommen. Vor etwa sieben Wochen hätten drei Legehennen den eigens gebauten Stall bezogen.
„Irgendwie ein
bisschen schrullig“
„Ich habe mir schon als Kind gesagt, dass ich später mal so einen Garten haben möchte“, sagt der Hobbygärtner. Tante und Onkel in St. Hubert-Voesch hätten einen großen Garten mit vielen Tieren gehabt. „Ich fand das immer schon toll, wenn ich bei ihnen war. Und jetzt habe ich das jeden Tag zu Hause.“
Das zeitfressende Hobby betrachten Michael und Hannelore Vietoris aber auch mit großer Selbstreflektion. „Klar ist das auch irgendwie ein bisschen schrullig, was wir hier tun. Und wenn wir in einer Pause unseren Kaffee trinken, müssen wir auch schon mal über uns selbst lachen“, sagt der Lehrer. Zum Bekenntnis zum eigenen Garten gehört auch die Einschränkung, dass man nicht allzu lange in Urlaub fahren darf. „Mehr als zwei Wochen am Stück sind eigentlich nicht möglich“, sagt Michael Vietoris. „Ohne unsere freundlichen Nachbarn, die sich dann um alles kümmern, könnten wir nicht in Urlaub fahren.“ Und länger als zwei Wochen wolle das Ehepaar die zusätzliche Arbeit niemandem zumuten. Aber die Nachbarn profitieren auch von der Pflege des Vietoris-Gartens. „Meistens haben wir ja im Ertrag einen Überschuss“, sagt der Kempener. Und der werde an Nachbarn, Freunde und Verwandte verteilt.
Mit Freude berichtet Michael Vietoris davon, dass auch die nächsten Generationen vom Gärtnern angetan sind. Mit den Enkelkindern mache die Gartenarbeit noch einmal mehr Spaß. Und der Sohn, der in Essen wohnt, habe sich jetzt für einen Schrebergarten entschieden.
Am Sonntag empfängt Familie Vietoris die Gäste der Aktion „Offene Gartenpforte“, an der sie seit etwa zehn Jahren teilnimmt. „Natürlich sind wir ein wenig stolz auf das, was wir hier geschaffen haben“, sagt Michael Vietoris. Die „Offene Gartenpforte“ sei eine schöne Gelegenheit, das zu zeigen. Und an diesen Tagen will das Ehepaar auch die Botschaft „rüberbringen“, das die Natur eine ganze Menge liefern kann. Vietoris: „Wir wollen niemanden belehren. Wir wollen Alternativen zur industriellen Produktion aufzeigen.“
Der Garten der Familie Vietoris, St. Peter-Allee 23, in Kempen ist am Sonntag, 16. Juni, von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Nächster Termin ist der 15. September (11 bis 18 Uhr). Weitere Teilnehmer aus der Region unter: