Reaktionen Nach Hötter-Kritik: SPD und Grüne erklären ihre Standpunkte
Kempen. · Offener Brief des Kempener Gesamtschulleiters zum Schulcampus sorgt für Aufsehen – Reaktionen von Grünen, SPD und ÖDP-BIKK.
Der offene Brief von Gesamtschulleiter Uwe Hötter zur Zukunft des Schulcampus und zur möglichen Bebauung des Ludwig-Jahn-Platzes hat in Kempen für Aufsehen gesorgt. Am Freitagnachmittag hatte sich Hötter per Brief an die Fraktionen und an die Presse gewandt. Ob der laufenden Diskussionen im Wahlkampf sei er in großer Sorge um die Zukunft der Gesamtschule, für die womöglich auf dem Jahn-Platz ein Neubau entstehen soll (die WZ berichtete in der Samstagsausgabe). Hötter ist der Ansicht, dass Anfang des Jahres eine Richtung pro Neubau auf dem Platz abzusehen war. Nun tun SPD und Grüne sowie deren Bürgermeisterkandidat Christoph Dellmans (parteilos) im Wahlkampf das Ansinnen kund, den Erhalt des Ludwig-Jahn-Platzes zu ermöglichen.
Das Projekt Schulcampus zu forcieren und sich gleichzeitig für den Erhalt des Ludwig-Jahn-Platzes starkzumachen, ist aus Sicht der Grünen kein Widerspruch. Das teilte Fraktionsvorsitzender Joachim Straeten als Reaktion auf Hötters Brief mit. „Wir haben uns zu jeder Zeit für die Entwicklung eines zukunftsfähigen, nachhaltig gestalteten Schulcampus und für optimale Bedingungen für unsere Gesamtschule eingesetzt und werden das auch in Zukunft tun“, so Straeten. „Nach wie vor unterstützen wir selbstverständlich den geplanten Neubau für die Jahrgänge 5 bis 8 der Gesamtschule. Bezüglich des Standortes werden wir aber auch weiterhin die Debatte suchen, um nach Möglichkeit den Ludwig-Jahn-Sportplatz zu erhalten.“
Die Grünen werben dafür, in einer Machbarkeitsstudie das Gelände der Turnhalle Wachtendonker Straße und mehrerer Pavillons als Standort für einen Neubau prüfen zu lassen. „Der von den Grünen mit Ergänzungsantrag vom 28. Mai 2020 vorgestellte alternative Standort ist keinesfalls utopisch oder unrealistisch, erfordert aber natürlich ein gewisses Vorstellungsvermögen“, heißt es in Straetens Mitteilung. „In jedem Fall sollte das Gelände des LvDs bereits jetzt in die Planung mit einbezogen werden, da die Gebäude mittelfristig leergezogen werden.“ Uwe Hötter hatte erklärt, nichts vom Standort Wachtendonker Straße zu halten. „Die Gesamtschule benötigt dringend ein zusammenhängendes Schulgelände mit einem Zentrum, ,einem Herzen’ für die Schule. Und dies muss im bisherigen Schulzentrum verortet werden“, so Hötter.
Kritik äußern die Grünen an der Stadtverwaltung. Nach Angaben der Fraktion gibt es ein Gutachten aus 2017, in dem mehrere Standorte geprüft worden seien. Diese Studie sei den Fraktionen aber erst im Mai 2020 auf Anfrage der Grünen zugänglich gemacht worden. Darin gebe es alternative Planungsansätze, die den Erhalt des Ludwig-Jahn-Platzes möglich machen. Gleichwohl wollen die Grünen diese Ansätze nicht mehr gänzlich aufarbeiten. „Eine Rückkehr zu einem völlig anderen Planungsansatz hätte möglicherweise eine nicht zu vertretende Verzögerung der Gesamtplanung zur Folge und kommt daher aus unserer Sicht nicht in Betracht.“
Auch die SPD meldete sich nach Hötters Brief bei der WZ. „Einen Gesamtschulneubau haben wir nie in Frage gestellt“, so Parteivorsitzender Stefan Kiwitz. Die SPD wolle aber auch den Ludwig-Jahn-Platz erhalten. Und nach Ansicht der Sozialdemokraten kann der Neubau an anderer Stelle entstehen. Uwe Hötter müsse sich keine Sorgen machen. „Unsere Bitte: Nicht zwei Dinge in einen Topf werfen“, so Kiwitz.
Die SPD trage den „alternativlosen und übers Knie gebrochenen gebrochenen Vorstoß der CDU keinesfalls mit“, einen Schulneubau auf die Ludwig-Jahn-Anlage zu setzen. Wie die Grünen bringt die SPD auch das Areal der Turnhalle Wachtendonker Straße ins Spiel. Die von CDU, FDP, Freien Wählern und Linken befürwortete Machbarkeitsstudie zum Jahn-Platz sei „ein Feigenblatt, sie soll die irrwitzige Idee der Zerstörung des Ludwig-Jahn-Platzes betonieren“.
Die SPD plädiert in der aktuellen Debatte dafür, „an entscheidender Stelle noch einmal den Dialog zu suchen und an einer von allen getragenen Lösung zu arbeiten“. Genau das sei man Schulleiter Hötter und „seinen“ 1100 Schülerinnen und Schülern schuldig.
Der Bürgermeisterkandidat von Rot-Grün, Christoph Dellmans, hatte jüngst bei einer Podiumsdiskussion in St. Hubert den Standpunkt vertreten, auf dem Ludwig-Jahn-Platz einen Schulneubau „nicht zuzulassen“. Beim „Kandidaten-Check“ des SV Thomasstadt erklärte er dann, die Machbarkeitsstudie erweitern zu wollen, um Alternativen prüfen zu lassen. Bis ein vollständiges Konzept vorlige, sollten auf dem Gelände des LvD provisorische Modulbauten für die Gesamtschule entstehen.
„Mit Schrecken habe ich aus dem politischen Raum vernommen, dass es Überlegungen gibt, eine neue, umfänglichere Machbarkeitsstudie bis zum Jahr 2022 erstellen zu lassen und zwischenzeitlich ein Containerdorf am Luise-von-Duesberg-Gymnasium zu errichten“, so Schulleiter Hötter dazu. „Dies zeugt von verantwortungsloser Unkenntnis, da bereits – wie im Ratssystem der Stadt Kempen nachlesbar – dieser Standort aus Platzgründen verworfen wurde.“ Auf diese Kritik von Hötter wollte Christoph Dellmans auf Nachfrage der WZ am Montag nicht eingehen.
ÖDP will eine neue Gesamtschule
auf dem Sporthotel-Gelände
Die Gemeinschaft aus Ökologisch-Demokratischer Partei und Bürgerinitiative (ÖDP-BIKK), deren Mitglieder Unterschriften für den Erhalt des Jahn-Platzes sammeln, zeigen in einer Reaktion zunächst Verständnis für den Brief von Hötter: „Kämpft er doch schon seit Langem für eine angemessene Ausstattung seiner in gutem Ruf sehenden Schule. Ihm wurden jahrelang Versprechungen gemacht, die immer wieder gebrochen wurden.“
Die Argumentation Hötters kann ÖDP-BIKK nach eigenen Angaben aber nicht nachvollziehen. „Die Gesamtschule will und wird sich als erste Schule in Kempen mit sportlichem Schwerpunkt präsentieren (die ersten dafür nötigen Lehrkräfte sind schon eingestellt). Das ist eine gute und kluge Entscheidung. Unklug ist es, den einzigen multifuktionalen Sportplatz direkt vor der Tür gleichzeitig aufzugeben“, so die Mitteilung. „Sinnvoll wäre es, eine neue Gesamtschule mit sportlichem Schwerpunkt ganz neu direkt am Sportgelände rund um das Aqua-Sol auf der Fläche des ehemaligen Sporthotels und benachbarter Flächen zu bauen. Dann müssten die Gesamtschüler auch nicht für jede Schwimm-/Sportstunde klassenweise über eine der meistbefahrenen innerstädtischen Straßen – die Berliner Allee – und zurück pilgern.“
Daraufhin hakte die WZ bei Rainer Clute-Simon (BIKK) nach. Denn für eine Sportstunde, in der eine 400-Meter-Bahn benötigt wird, müssten die Gesamtschüler schließlich den Weg zum Ludwig-Jahn-Platz zurücklegen, weil es im Sportzentrum – Stand jetzt – keine gibt. „Dann müsste auch geprüft werden, ob eine 400-Meter-Bahn an der Berliner Allee möglich ist“, so Clute Simon. Eventuell sei im Bereich der Tennis- und Basketballfelder – in Nachbarschaft zum Wohnmobilstellplatz – etwas möglich. „Ich habe aber zu diesem Areal keine konkrete Kenntnis, was Maße etc. angeht.“ Bei der von BIKK vorgeschlagenen Lösung müssten aber nur die Schüler einer Schule einen längeren Weg zurücklegen. Beim Favoriten der Verwaltung, an der Berliner Allee eine neue Sportanlage zu bauen, müssten die Schüler von drei Schulen „pilgern“.
Leserbriefe Seite 26