Schweinepest: Die Schonzeit ist vorbei
Jäger und Landwirte bereiten sich auf einen möglichen Ausbruch der Krankheit vor. Die Aufhebung der Schonzeit gilt bis 2021.
Kempen/Kreis Viersen. Den Wildschweinen geht es an den Kragen. Der Kreis Viersen hat die Schonzeit für Schwarzwild nach einem Erlass des Landes NRW aufgehoben. Die Aufhebung gilt für das gesamte Schwarzwild ohne Unterbrechung bis zum 31. März 2021. Normalerweise endet die Jagdzeit (mit Ausnahme einjähriger Tiere) am 31. Januar.
Dieser Schritt soll das Risiko vermindern, dass die Afrikanische Schweinepest (ASP) von Tschechien und Polen aus nach Deutschland eingeschleppt wird. Ausgenommen von dieser Regelung sind Bachen, also Wildschwein-Mütter, mit gestreiften Frischlingen unter etwa 25 Kilogramm. Gestreift steht für ein noch recht junges Alter. Wohlgemerkt: Die Jungtiere dürfen durchaus getötet werden.
„Alle Kreise und Städte sind dazu aufgefordert worden, damit die Schonzeit landesweit aufgehoben wird“, hieß es gestern vom Kreis Viersen. „Durch die sehr hohen Schwarzwildbestände könnte sich die Seuche schnell verbreiten, was einschneidende Folgen für die Landwirtschaft und den Jagdsektor bedeuten würde.“ Das Virus werde durch direkten Tierkontakt, Zeckenstiche oder verseuchte Fleischwaren übertragen. Der Erreger gelange über Maul oder Nase in den Blutkreislauf.
Die Bedrohung hat schon jetzt Auswirkungen auf die Jägerschaft. „Jeder wird mobilisiert, der Zeit hat“, berichtet Sabine Jansen, Ehefrau des Hegeringleiters Hüls/St. Tönis/Tönisberg und selbst Jägerin. Zwar gebe es in ihrem Niederwildrevier (unter anderem Fuchs und Fasan) zwischen Kempen und St. Tönis keine Wildschweine. „Aber bis Brüggen sind sie schon gekommen.“
Heiner Prießen, Kreisjäger-Chef, über die Herausforderungen der Wildschwein-Jagd
Sabine Jansen berichtet von einem Jagdfreund aus dem Hunsrück, der aufgrund der aktuellen Problematik schon Einladungen ausgesprochen habe. „Normalerweise sind wir bei jedem Vollmond im Hunsrück oder in der Eifel, um das richtige Licht zu haben“, erklärt sie.
Der Kempener Heiner Prießen, Vorsitzender der Kreisjägerschaft, vermutet, dass bald Lampen bei der nächtlichen Pirsch erlaubt sein werden — wegen ASP. „Ich muss ja sehen, um was für ein Tier es sich handelt und einen sauberen Schuss abgeben können.“
Die Jäger würden alles daran setzen, den Bestand zu reduzieren, verspricht der Chef der hiesigen Waidmänner und -frauen. „Aber das ist nicht so einfach, man muss sich die Nächte auf dem Hochsitz um die Ohren schlagen.“ Man werde nun einen Arbeitskreis bilden, um für den Fall der Fälle gewappnet zu sein. An den regelmäßigen Treffen sollen Vertreter von Kreisjäger- und bauernschaft sowie vom Kreisveterinäramt teilnehmen.
„Wir haben schon die Sorge, dass die Schweinepest kommt, dann hätten wir ein Riesenproblem“, betont Peter-Josef Coenen, Vorsitzender der Ortsbauernschaft Kempen und selbst Schweinemäster. Er selbst habe bereits rund um seinen Betrieb eingezäunt und Desinfektionsmatten vor dem Stall ausgelegt. „Das ist keine Pflicht, aber sicher ist sicher“, so Coenen. Er sagt aber auch, dass rund um Kempen — im Gegensatz zum Grenzwald — Wildschweine eine absolute Seltenheit sind.
Bereits im vergangenen Herbst hatte die WZ bei Landwirten in Sachen Wildschweinen nachgefragt. In 2017 habe die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung zum ersten Mal feststellen, „dass die Wildschweine öfter an Siedlungen und Gebiete herankamen, in denen sie vorher nicht aufgetreten sind“, berichtete Paul-Christian Küskens, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Krefeld-Viersen. Massive Probleme gibt es demnach insbesondere im Raum Düren und Euskirchen.