Kempen Stets im Dienste kranker Kinder
Fast 50 Jahre hatte Dr. Günther Luft eine Praxis in Kempen. Nun soll eine Straße nach dem 1999 gestorbenen Kinderarzt benannt werden.
Kempen. „Komm’, wir fahren zu Dr. Luft.“ Diesen Satz haben vermutlich Tausende von Eltern am Niederrhein schon gesagt, wenn ihre Kinder krank waren. Über mehrere Generationen hat sich der Kinderarzt um das Wohl von Jungen und Mädchen aus Kempen und Umgebung gekümmert. Von 1950 bis 1997 hatte Günther Luft eine Praxis in der Thomasstadt — zunächst am Burgring, später viele Jahre an der Siegfriedstraße.
Nun soll eine Straße nach dem 1999 verstorbenen Mediziner benannt werden. Der Kulturausschuss berät Dienstagabend darüber, ob eine neue Straße zwischen Verbindungsstraße und den Bahngleisen demnächst Dr.-Luft-Straße heißen wird. In diesem Bereich wird gerade ein Mehrfamilienhaus der Firma Kanders errichtet — weitere Objekte werden auf dem Gelände in der Nähe des Bahnhofs folgen.
„Kranken Kindern zu helfen, und den Forschungsstand in diesem Bereich nach vorne zu bringen — das war sein Leben“, erinnert sich Dr. Rolf Kamp. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt ist der Schwager von Dr. Luft. Kamps Schwester Annemie Luft-Kamp wirkte über Jahrzehnte mit in der Praxis ihres Mannes. Sie lebt heute noch im Alter von 93 Jahren im Haus an der Von-Loe-Straße.
Dieses Haus war eine Art zweite Praxis der Lufts. Denn nur wenige Meter von der Siegfriedstraße entfernt hatte das Ehepaar einen Behandlungsraum im heimischen Keller. „Eltern konnten nahezu rund um die Uhr anrufen und mit ihren kranken Kindern vorbeikommen“, so Rolf Kamp. „Mein Schwager nahm sich nur wenige Auszeiten. Wenn er samstags einen Spaziergang machte, war immer sichergestellt, dass jemand am Telefon saß“, erinnert sich Kamp an handyfreie Zeiten.
Der HNO-Arzt ist davon überzeugt, dass sein Schwager und Kollege vor allem wegen seiner „freundlichen, zurückhaltenden und bescheidenden Art“ von Eltern und Kindern gleichermaßen geschätzt worden ist. Folgendes sei an dieser Stelle erlaubt: Der Verfasser dieser Zeilen kann diesen Eindruck zu 100 Prozent bestätigen. Die Angst vor dem Mann im weißen Kittel konnte Dr. Luft seinen kleinen Patienten in nur wenigen Augenblicken nehmen.
Meinung über Dr. Luft in der Verwaltungsvorlage
„Sein Engagement für die Kinderheilkunde und seine Fachkompetenz waren herausragend“, heißt es in der Vorlage der Verwaltung für den heutigen Kulturausschuss. Die Stadtspitze befürwortet daher den Vorschlag zur Straßenbenennung, der von einer Kempener Bürgerin gekommen ist. Neben seiner Arbeit in der Praxis hat sich der aus Krefeld stammende Luft auch um das Kempener Hospital zum Heiligen Geist verdient gemacht. Laut Verwaltungsvorlage war der Mediziner von 1950 bis 1983 Belegarzt im Krankenhaus und baute dort eine eigene Kinderstation und eine Station für Neugeborene auf. Dies stellte in den 50er und 60er Jahren ein Alleinstellungsmerkmal des Hospitals am Niederrhein dar.
Ebenfalls ein Novum sei die Gründung einer Erziehungsberatungsstelle für Eltern und Kinder gewesen, heißt es in der Verwaltungsvorlage. Gemeinsam mit einer Psychologin initiierte Luft 1954 diese Beratungsstelle. „Dass Kinder aufgrund psychischer Ursachen gesundheitliche Probleme haben, war damals in der Medizin kein großes Thema“, sagt Dr. Rolf Kamp. Die Arbeit der Beratungsstelle habe bis weit über den Niederrhein hinaus für Furore gesorgt.
Die Arbeit in der Praxis und im Krankenhaus haben Dr. Günther Luft „vollends erfüllt“, wie Rolf Kamp sagt. Daher habe der Vater einer Tochter auch weit über das Rentenalter hinaus praktiziert. 1997 übergab Luft im Alter von 77 Jahren die Praxis an Dr. Karl Geuchen, der heute noch gemeinsam mit seinem Kollegen Frank Brenner an der Siegfriedstraße praktiziert. Das Loslassen sei Günther Luft damals schon ein wenig schwer gefallen, wie sich Schwager Kamp erinnert. Zwei Jahre später starb der bei vielen so beliebte Kinderarzt.