Tönisberg: Fromme Narren früher fröhlich
Wegen des 40-stündigen Gebets sind die Berger bereits ein paar Tage früher doll als im Rheinland üblich.
Tönisberg. Eigenwillig ist der Bergdörfler, wenn es um Weiberfastnacht geht. Denn die feiert er entgegen aller Regel schon am Dienstag vor dem Altweiberdonnerstag. Entstanden ist diese Sitte durch das 40-stündige Gebet, das Mitte des 19. Jahrhunderts als Waffe gegen die karnevalistischen Lustbarkeiten und natürlich gegen den "vertraulichen Umgang mit dem anderen Geschlecht" eingeführt wurde. Vor allem im Bistum Münster - zu dem Tönisberg als einziges Dorf im Kreis Viersen gehört - versuchte man die Menschen so zur Tugend zu führen.
Das seit dem 16. Jahrhundert bekannte Gebet sollte ursprünglich zu Anfang der Karwoche an die Grabesruhe Christi erinnern, die der Legende nach 40 Stunden gedauert haben soll. Später dann war sie die Kampfansage der Kirche gegen die Ausschweifungen in der närrischen Zeit.
Aber da hatte Mutter Kirche die Rechnung ohne die Tönisberger Narren gemacht. Die wußten sich zu helfen und verlegten den Karneval einfach vor. So heißt das Wochenende vor Karnevalssonntag und Rosenmontag auch "Kleinkarneval".
Unvergessen sind im nördlichsten Kempener Ortsteil die Bälle des Sportvereins VfL und die Krönung des Karnevalsprinzen von Siebenhäuser, die an diesem Wochenende traditionsgemäß stattfanden.
Ja, die Altweiberfastnacht feierte man sogar zwei Mal. Zwar ging man züchtig am Karnevalssonntag, Rosenmontag und auch am Dienstag zum Gebet. Aber unter dem hochgeschlossenen Mantel versteckt, trug so mancher Jeck schon das Karnevalskostüm und die Altweibermaske in der Handtasche, um sich - kaum, dass das Gebet beendet war - nochmals ins benachbarte Hüls in den Fastnachtstrubel zu stürzen, wo veilchendienstags die Trinas das Breetlook schwangen.
Heute ist das 40-stündige Gebet nur noch Erinnerung, und auch das närrische Treiben eine Woche vorab gerät in Vergessenheit. Geblieben ist der Kinderkarnevalsumzug, der im zweijährigen Wechsel stets am Kleinkarnevalssonntag stattfindet - dieses Jahr allerdings nicht.
Und natürlich der Altweiberball, zu dem die Gaststätte "Alte Scheune" zwei Tage vor Altweiber am Dienstag, 13. Februar, einlädt.