NRW Ein Festkonzert für Thomas von Kempen
Kempen · Aus Anlass des 550. Todestages des Thomas von Kempen wurde der größte Sohn der Stadt in seiner Taufkirche, der Propsteikirche, mit einem Festkonzert geehrt. Die Thomas-Stiftung Kiefer hatte eine Komposition in Auftrag gegeben.
Honorige Musiker waren in die coronagerecht voll besetzte Kirche gekommen, um mit einem erlesenen Programm Thomas von Kempen die Ehre zu geben. Der vor zwanzig Jahren vom Dirigenten und Professor für Chorleitung an der Musikhochschule Mannheim, Harald Jers, gegründete Kammerchor Consono Köln, der zu den besten und gefragtesten Kammerchören Deutschlands zählt, war ebenso angereist wie Bassbariton Sebastian Klein. Er ist seit 2003 Kantor an der Düsseldorfer Neanderkirche und darüber hinaus national und international gefragter Oratoriensänger.
Die Titularorganistin an der Kempener Paterskirche und weit gereiste Konzertorganistin Ute Gremmel-Geuchen stand für die Begleitung an der Albiez-Orgel bereit. Zum Abschluss des Konzertes war eine Uraufführung angekündigt. Die Thomas-Stiftung Kiefer hatte bei dem bekannten, in Meerbusch lebenden Komponisten Thomas Blomenkamp ein Werk für Chor und Orgel über einen Text des Thomas in Auftrag gegeben. Blomenkamp ist in Kempen kein Unbekannter – schon mehrere seiner Werke waren hier zu hören.
Choristen entfalteten einen
makellos homogenen Klang
Jeder der drei Programmblöcke begann mit einem Chorsatz der italienischen Komponistin Carlotta Ferrari. Sie ist 1975 geboren und wirkt als Kompositionsprofessorin in Florenz. Zwei ihrer ausdrucksvollen Vokalkompositionen haben Texte aus Thomas von Kempens „Nachfolge Christi“. Die dritte hingegen erzählt fast tonmalerisch von einem Liebenden, „der fliegt, sich freut, frei ist und sich von nichts zurückhalten lässt.“ Schon hier konnte Consono – dreißig überwiegend jüngere Sängerinnen und Sänger – seine vokalen Tugenden entfalten.
Von ihrem Dirigenten mit sparsamen Gesten geführt, entfalteten die Choristen einen makellos homogenen Klang von bemerkenswerter dynamischer Bandbreite – bei vorbildlicher Textverständlichkeit. „O Gott, auf dich vertraue ich“ des Engländers Orlando Gibbons (1583-1625), „Wo die Liebe und die Güte, da ist Gott“ aus der Feder des Norwegers Ola Gjeilo (*1978), das fesselnd gestaltete „Christus factus est pro nobis – Christus ist für uns gehorsam geworden bis zum Tod am Kreuz“, das eingängige „Ave maria“ von Edward Elgar (1857-1934) oder die spätromantische Pracht bei „Wo ist ein Gott, wie du bist“ von Georg Schumann (1861-1952): Immer faszinierten der differenzierte Klang und die Gestaltungsintensität der Kölner Gäste.
Mit einer selten zu erlebenden Besonderheit warteten Chor, Solist und Orgelbegleiterin im zweiten Teil der geistlichen Stunde auf – einem aus Rezitativen und Chorsätzen bestehenden „Bußlied“, angelehnt an die Gedanken des großen Heiligen. 1859 verfasste es der französische Opernkomponisten Giacomo Meyerbeer.
Stärkste Momente in zwei
spätromantischen Liedern
Im Wechsel mit klanggesättigten Chören, „Lobgesang“ benannt, waren Sebastian Klein die ausdrucksstarken Rezitative anvertraut, die Ute Gremmel-Geuchen achtsam begleitete. Sie stellte dem hoch romantischen Opus noch ein wiederentdecktes Orgelvorspiel voran, das lange verschollen und ursprünglich einem Harmonium zugedacht war.
Der Düsseldorfer Bassbariton hatte seine stärksten Momente in zwei spätromantischen Liedern – „Schlafendes Jesuskind“ von Hugo Wolf (1860-1903), dem ein Gedicht von Eduard Mörike zugrunde liegt, und „Ich sehe dich in tausend Bildern“ von Max Reger (1873-1916) auf einen Text von Novalis. Obwohl als Klavierlieder gedacht, fand Gremmel-Geuchen immer passende Register, um den einfühlsamen, ganz ausgeglichenen und sanft aufblühenden Gesang Kleins stilsicher zu begleiten.
Das 2020 geschriebene Chorwerk „Aeternum Dei verbum – Ewiges Wort Gottes“ widmete Blomenkamp seinem in jenem Jahr verstorbenen Vater. Dieser schätzte Thomas von Kempen außerordentlich, tief beeindruckt von dessen Leben in Zurückgezogenheit und Demut. Das zwölfminütige Werk für achtstimmigen Chor und Orgel, das hohe Ansprüche an Chor und Orgelsolistin stellt, ist von beeindruckender Klarheit und Durchsichtigkeit, hat teils nachromantische Anklänge und scheut, wie bei Blomenkamp gewohnt, Harmonisches nicht.
In der packenden Schlusssteigerung erklingt der Beginn des Johannes-Evangeliums „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ Hier scheut sich der Komponist nicht, in strahlendem Dur zu enden. Jers, Consono und die teils virtuos agierende Gremmel-Geuchen (an der großen Orgel und mit großem Abstand zu dem im Altarraum singenden Chor) verhalfen dem von Glaubensstärke kündenden Werk zu einer mit Recht umjubelten
Uraufführung.