Vogelschutz-Hecke: Pächter erstattet Anzeige
Der Streit mit dem Kreis Viersen hat eine neue Dimension bekommen. Naturschützer sprechen von „Kahlschlag“.
St. Hubert. Udo Hageschulte hat seine Drohung wahr gemacht. Am Freitag hatte er gesagt, dass er Anzeige gegen den Kreis Viersen erstatten werde. Eine Nachfrage unserer Zeitung bei der Polizei-Pressestelle ergab gestern, dass tatsächlich eine Anzeige eingegangen ist. Aufgenommen wurde sie unter dem Stichwort „Gefährdung schutzbedürftiger Gebiete“. Dadurch wurden, wie üblich, Ermittlungen ausgelöst.
Bei dem Streit geht es um eine Vogelschutzhecke an der Tönisberger Straße, auf halbem Weg zwischen St. Hubert und Tönisberg. Wie die WZ am Samstag berichtete, ärgert sich Hageschulte darüber, dass Mitarbeiter des Kreises in der vergangenen Woche eine von ihm gepachtete Pferdeweide aus seiner Sicht unbefugt betreten und ohne Absprache Teile der Hecke sowie Bäume entfernt haben. Nach dem Einsatz der Kolonne sprach der 64-Jährige, der vor einiger Zeit von St. Hubert ins Sauerland gezogen ist, von „Hausfriedensbruch“ und „Sachbeschädigung“, forderte eine Entschädigung.
Die von ihm kritisierte Behörde sieht die Sache anders. „Die angesprochene Vogelschutzhecke und die Bäume befinden sich zum überwiegenden Teil außerhalb des angesprochenen Weide-Grundstücks auf dem Grundstück des Kreises Viersen, der Baulastträger der Tönisberger Straße ist“, so Kreis-Sprecher Markus Wöhrl auf Anfrage.
Der Nabu in seiner Stellungnahme
Die Kolonne des Amtes für Technischen Umweltschutz und Kreisstraßen habe entlang des bepflanzten Streifens zwischen Straße und Weidegrundstück einen „Rückschnitt“ vorgenommen. Als Grund wird Verkehrssicherheit angegeben, direkt neben dem besagten Gehölz verlaufen Radweg und Straße. Die Bepflanzung sei gezielt nur zurückgeschnitten und nicht „auf den Stock gesetzt“ worden, zitierte die WZ Wöhrl in ihrer Samstagsausgabe.
Erbost über diese Darstellung zeigt sich der Naturschutzbund (Nabu) Kempen. In einer von Peter Jeske und Georg Lüdecke unterzeichneten Stellungnahme behauptet die Ortsgruppe, dass es sich eben nicht um einen Rückschnitt handele, die Pflanzen seien nicht auf den Stock gesetzt worden. Vielmehr kritisieren die Naturschützer einen „Heckenkahlschlag“.
Eine Überprüfung der Grundstücksverhältnisse ergebe, dass „auf einem Streifen von ca. 3 m und ca. 100 m Länge eines Privatgeländes im Naturschutzgebiet Tote Rahm“ ohne Genehmigung des Pächters Gehölze entfernt worden seien, darunter Weiß- und Rotdorn sowie ein Apfel- und ein Birnbaum. Diese seien vom Pächter in den 90er Jahren als Vogelschutz gepflanzt worden. Der heutige Wahl-Sauerländer war früher Vorsitzender der hiesigen BUND-Ortsgruppe.
„Besonders misslich“ sei der Verlust, weil Hecken in Kempen, St. Hubert und Tönisberg „etwas ganz Seltenes, Kostbares sind“. Gefordert werden „Ersatzpflanzungen“. Außerdem werfen Jeske und Lüdecke dem Kreis „Rodungsarbeiten außerhalb der vom Bundesnaturschutzgesetz zulässigen Zeiten“ vor. Dessen Sprecher hatte erklärt, dass der Schnitt auch nach Ende der Saison möglich gewesen sei, weil die Untere Landschaftsbehörde wegen Sturmtief ,Friederike’ eine Sondergenehmigung erteilt habe.