Klinik-Prozess: Kommt am Dienstag ein Geständnis?

Wegen der überlangen Dauer strebt das Landgericht einen einvernehmlichen Abschluss des Verfahrens an.

Wegberg. Seit anderthalb Jahren wird gegen Dr. Arnold Pier, den ehemaligen Chefarzt und Betreiber der Wegberger St. Antonius-Klinik, vor dem Mönchengladbacher Landgericht verhandelt. Die Anklage wirft ihm vor, für sieben Todesfälle und zahlreiche Körperverletzungen verantwortlich zu sein. Erst ein Bruchteil davon ist verhandelt, und doch könnte es nun zu einem schnellen Ende des Prozesses kommen.

Insgesamt war noch mit einer langen Verhandlungsdauer gerechnet worden. In der vergangenen Woche kam dann die Wende. Nach einer Zwischenbilanz durch das Gericht kündigte die Verteidigung für Dienstag eine Erklärung ihres Mandanten an. Würde Pier die Vorwürfe so, wie das Gericht sie sieht, in einem Geständnis einräumen, könnte der Prozess noch in diesem Monat zu Ende gehen.

Richter Lothar Beckers erteilte am letzten Verhandlungstag „rechtliche Hinweise“. Das bedeutet, er hat zu noch ausstehenden Fällen die bisherige Einschätzung des Gerichts nach Aktenlage dargelegt. Diese Einschätzung könnte sich ändern, wenn jeweils noch Zeugen und teilweise Sachverständige gehört würden.

Nach dem momentanen Sachstand jedoch geht das Gericht davon aus, dass in einem Fall statt der fahrlässigen Tötung ein Freispruch in Betracht komme, weil der Tod der Patientin möglicherweise „schicksalhaft“ war.

Statt fahrlässiger Tötung nach Körperverletzungen sieht das Gericht in anderen Fällen Körperverletzungen mit Todesfolge. Alle Fälle zusammengenommen kommt die Kammer damit auf ein Strafmaß zwischen dreieinhalb und viereinhalb Jahren Gefängnis. Auch ein Berufsverbot für den Arzt steht im Raum.

Die Verteidigung hat bereits signalisiert, dass sie mit diesem Rahmen „leben könne“. Pier müsste heute die Taten genau so, wie das Gericht sie bislang wertet, einräumen. Dann könnte das Gericht auf der Basis des gemachten „Verständigungsvorschlags“ urteilen.

Die Bindung an diesen Vorschlag entfalle, machte Richter Beckers deutlich, „wenn rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Umstände übersehen worden seien oder sich neu ergeben hätten und das Gericht deswegen zu der Überzeugung gelange, dass der in Aussicht gestellte Strafrahmen nicht mehr tat- und schuldangemessen sei“.

Die Staatsanwaltschaft will ebenfalls am Dienstag erklären, ob sie mit dem Verständigungsvorschlag leben kann. Bei einer Verurteilung würde Pier zum einen die Untersuchungshaft von etwa einem halben Jahr angerechnet, zum zweiten hat das Gericht wegen der „überlangen Prozessdauer“ in Aussicht gestellt, dass weitere neun bis 13 Monate der Strafe als verbüßt gelten könnten. Für die restliche Zeit müsste Pier dann noch ins Gefängnis.