17-jähriger Handbike-Sportler will zu den Paralympics
Kevin Bons wurde zuletzt schon U-23-Meister im Handbike-Fahren.
Hinsbeck. Radfahren geht bei Kevin Bons nicht in die Beine, sondern in die Arme: Seit seiner Geburt leidet er an einer Spina Bifida (offener Rücken), ist teilweise querschnittsgelähmt. Trotzdem ist Bewegung seine große Leidenschaft — und Geschwindigkeit: Den Marathon, also die Distanz von 42,195 Kilometern, legt er mit seinem Handbike in nur einer Stunde und 39 Minuten zurück.
Sein großes Vorbild, Vico Merklein, der erfolgreichste deutsche Handbiker, braucht dafür nur 63 Minuten. Das will Kevin auch schaffen, darum trainiert er fünf- bis sechsmal in der Woche.
Seit neun Jahren fährt Kevin nun schon Handfahrrad. Angefangen hat alles mit einem Vorspann-Bike, das an seinem Rollstuhl befestigt wurde. Damals ging es ihm besonders darum, mobil zu sein. Das 7500 Euro teure Handbike kam erst später, finanziert durch Spenden und verschiedene Aktionen. Das Vorspann-Rad benutzt er aber immer noch. „Zum Eis-Essen oder Freunde besuchen ist es praktischer“, sagt Stiefvater Sven Rosin.
Er begleitet Kevin beim Training auf dem Fahrrad. Zwischen 90 Minuten und vier Stunden ist der 17-Jährige dann unterwegs. „Manchmal fahren wir auch in der Gruppe“, sagt Rosin. Sonntags treffe man sich meist mit den anderen Handbikern der Radsportabteilung des SC Union Nettetal im Brüggener Depot, denn „da ist viel Platz“.
„Ich fahre schon lange nicht mehr mit“, sagt Mutter Alexandra Bons-Rosin. „Die beiden sind mir zu schnell.“ Bergab erreicht Kevin schließlich Geschwindigkeiten von bis zu 50 Stundenkilometern. „Da ist man als Mutter schon ein wenig nervös“, sagt Bons-Rosin.
Bei einem Wettkampf habe es auch schon mal gescheppert. „Dann bin ich sofort über den Zaun gesprungen, um Kevin wieder aufzurichten“, sagt die Mutter. „Wie ich über diesen Zaun gekommen bin, weiß ich bis heute nicht.“ Aufgeben kam für Kevin dennoch nicht in Frage: „Sowas ist weniger schlimm, als es aussieht“, sagt er. Also ging es nach dem Aufrichten gleich weiter in Richtung Ziellinie.
Kevins langfristiges Ziel steht jedenfalls fest: „Ich will mal zu den Paralympics, und nicht nur zum Zuschauen.“ Das kennt er nämlich schon: Vor vier Jahren war er mit der Deutschen Sportjugend im Jugendlager in Peking.
Seit einigen Tagen ist er nun in London bei den Olympischen Spielen, wieder mit der Sportjugend, diesmal als einziger Behinderter. Worauf er sich dabei besonders freut? „Die Wettkämpfe und die Atmosphäre. Die ist ja in jedem Land anders.“ Und seinen 18. Geburtstag, den er nächste Woche in London feiern wird.
Einige sportliche Erfolge konnte Kevin bereits verbuchen: Im letzten Jahr wurde er Deutscher Jugendmeister im Handicap-Triathlon auf der Sprintstrecke. Auch beim Handbiken fuhr er schon oft als Erster durchs Ziel. „Allerdings gibt es oft zu wenige Teilnehmer, es fehlt die Konkurrenz. Darum kann er sich dann trotzdem nicht Deutscher Meister nennen“, sagt Stiefvater Rosin.
Zuletzt trat Kevin bei der Deutschen Meisterschaft Handbike im bayrischen Holzkirchen an — und wurde Deutscher Meister im Zeitfahren der Altersklasse U 23. Aber „wichtig ist vor allem, dass es Spaß macht“, sagt Kevin, getreu dem olympischen Gedanken „Dabei sein ist alles“.