Alternative für Jaeger-Halle gesucht

Antrag der WIN-Fraktion verzögerte Beschluss zu neuem Ticket-System. Ein neuer Spielort ist auch noch nicht gefunden.

Foto: Busch

Nettetal. Auf den Schlips getreten fühlte sich Armin Schönfelder: „Dass eine Fraktion eigene Angebote einholt, das hat eine neue Qualität!“ Was Nettetals Kulturdezernenten verärgerte: Die Verwaltung erwartete vom Ausschuss für Kultur und Städtepartnerschaften grünes Licht für die Einführung eines modernen elektronischen Ticketingsystems für den Verkauf von Theater-Karten durch die Firma Reservix in Freiburg. Alles schien nur eine Formsache — doch kurz vorher hatte WIN einen Prüfantrag mit einem Alternativvorschlag eingereicht. Was nicht nur Schönfelder am Dienstagabend im Rathaus auf die Palme brachte.

„Das hat keine neue Qualität, das hat gar keine politische Qualität“, zeigte sich auch Leo Peters (CDU) nicht nur über diesen Vorgang erbost: Die „ständige Antragsflut“ der WIN-Fraktion sei eine Zumutung, sie „bindet Verwaltungskräfte“ und behindere so effektives Arbeiten im Rathaus. Andreas Zorn (WIN) rechtfertigte den Antrag seiner Fraktion mit der Begründung, mit der vorgeschlagenen Firma könne man gegenüber dem Vorhaben der Verwaltung „5000 Euro einsparen“.

Was für Unmut sorgte, war die Taktik von WIN, parallel zur Arbeit der Verwaltung „eigene Recherchen einer Fraktion“, so Schönfelder, kurz vor einer Ausschusssitzung in Form eines Prüfantrags zu präsentieren. Am Rande des nicht öffentlichen Teils des Ausschusses sickerte durch, dass es sich beim WIN-Favoriten um einen Kölner Anbieter mit einer regionalen Vertretung in Boisheim handelt.

Der sorgt für Skepsis beim Kulturdezernenten: Den von WIN benannten Anbieter kenne man nicht. Man habe sich über die gängigen Unternehmen und bei vergleichbaren Kommunen über ihre Ticket-Verkaufssysteme informiert. Die Stadt sei von der Qualität des Ticketportals Reservix überzeugt, möglichst schon für die Spielzeit 2016/17 könnte der Kartenverkauf über das elektronische System laufen.

Wo später diese Theateraufführungen stattfinden, für die die Einzel- und Abokarten online erworben werden können, ist auch noch völlig offen. Die Werner-Jaeger-Halle muss saniert werden, angesichts der Haushaltslage vielleicht doch noch nicht ab dem kommenden Jahr.

Wenn es dann aber soweit ist, soll es laut Armin Schönfelder „Ausweichspielstätten“ geben. Die großen Säle der Gaststätten müssten technisch aufgerüstet werden und eigneten sich eher für Kleinkunstveranstaltungen wie Kabarett; im Gespräch sind etwa Haus Seerose in Lobberich, Kreuels in Breyell, Zur Mühle in Kaldenkirchen oder Haus Kother in Leuth. Spielstätten in den Nachbarkommunen fasst die Verwaltung dabei ebenso ins Auge wie mögliche Kooperationen, Schönfelder nannte das Theater de Maaspoort in Venlo und die Mehrzweckhalle in Brüggen.

Leo Peters (CDU), Ratsmitglied

Zudem prüfe man die Möglichkeit von Freiluftveranstaltungen, etwa im Schlosshof Krickenbeck, im Rathausinnenhof oder auf einer „Wiese am See“.

Die Online-Buchung von Tickets fürs Theater hat ihren Preis: die Vorverkaufsgebühr. Das System wird durch „heutzutage absolut übliche Gebühren“, wie es in der Sitzungsvorlage heißt, um mehr als 20 000 Euro teurer.

Die Verteuerung möchte die Stadt nicht den Abonnenten aufbürden, von denen „keine gedankliche Differenzierung zwischen einer Gebührenerhöhung und regulären Preiserhöhungen“ erwartet werden könne. Dem widersprach Andrea Brönner (Grüne): „Wir halten die Bürger und Abonnenten gedanklich für fähig, das zu verstehen.“ Die höheren Kosten sollen dadurch aufgefangen werden, dass eine auslaufende Halbtagsstelle in der Nette-Kultur nicht wieder besetzt wird. Erst nach der Sanierung der Werner-Jaeger-Halle wolle man „Preisanpassungen thematisieren“. Bis dahin soll das neue Ticketingsystem etabliert sein — und zwar durch die Firma Reservix. Denn der Antrag von WIN wurde im Ausschuss mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Jetzt fehlt noch die Zustimmung des Stadtrates für das neue Ticketing-System — denn dieses soll trotz der Haushaltssperre eingeführt werden.