Denkmäler in Nettetal Ritter, Golfer, Sterne-Koch und Standesbeamte – alle im Haus Bey
Netteral-Hinsbeck · In fast 600 Jahren hat das Anwesen in Hinsbeck große Veränderungen erlebt. Heute kann man dort auch heiraten.
Eines der ältesten Gebäude in Nettetal ist das um 1450 erbaute Herrenhaus von Haus Bey in Hinsbeck, von vielen auch „Schlösschen“ genannt. Das Anwesen war ein Nebengut von Krickenbeck, eben ein „Beij-Gut“. Der erste Beleg ist ein Erbvertrag von 1521, in dem der Besitzer von Schloss Krickenbeck, Reiner von Holthausen, Haus Bey an seinen Sohn Wilhelm vererbte. Dieser bewohnte das Gut in der Folgezeit. Erst im Jahr 1682 erwarben die neuen Besitzer von Schloss Krickenbeck, die Freiherren von Schaesberg, das Rittergut wieder zurück.
Haus Bey bestand von Beginn an aus einem Herrenhaus und einem landwirtschaftlich genutzten Hof, beide waren von einem teilweise noch heute sichtbaren Wassergraben umgeben. Das Herrenhaus ist ein dreigeschossiger Bau mit vorgebauter Freitreppe und Turm, die Fassade besteht aus geschlämmtem Ziegelmauerwerk. Der Turm zeigt zierliche Spitzbogenfenster der Biedermeierzeit. Das trägt dunkelgraue holländische Pfannen, First und Turmhaube mit Laterne sind verschiefert. Die Fußböden in den oberen Geschossen bestehen noch zum großen Teil aus breiten, mit geschmiedeten Nägeln befestigten Nadelholzdielen.
1835 zog Gräfin Auguste von Loe, Witwe von Heinrich Edmund Graf von Schaesberg, in das Herrenhaus ein, der landwirtschaftliche Hof wurde ihre wirtschaftliche Basis. Nach ihrem Tod übernahm ihre Tochter Alexandrine das Anwesen, bevor es um 1900 zur Rentei des Besitzesder von Schaesbergs wurde. Von 1928 bis 1935 bezog die „Limnologische Station Niederrhein – Hinsbeck“ das Herrenhaus und wurde so zu einer internationalen Anlaufstelle für die Erforschung der Binnengewässer.
Nach Zweitem Weltkrieg wurde Madonnenstatue angebracht
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden im Herrenhaus die Rendantur sowie drei Wohnungen für den Rentmeister Reinhard Schreckenberg, den Glaskünstler Johannes Beeck und den Dentisten Hermann Baues untergebracht. In dieser Zeit ließ Schreckenberg ein Ziergehäuse für eine Madonnenstatue herstellen und beides über dem Haupteingang anbringen. Das Original wurde bei den Umbauarbeiten um 1993 entwendet. Die heutige Statue ist eine Nachbildung, die Margarethe Gräfin von Schaesberg, geborene Prinzessin von Croy, nach einem Gemälde herstellen ließ. Ab den 1960-er Jahren diente das Haus nur noch als Ferienresidenz der gräflichen Familie.
Ende der 1980-er Jahre wurde damit begonnen, einen 18-Loch-Golfplatz auf einer etwa 72 Hektar großen Fläche anzulegen. Bei einer vorhergehenden archäologischen Untersuchung wurden insgesamt 4227 Objekte gefunden, deren Geschichte zum Teil bis in die Steinzei zurückreichte. Spektakulärste Funde waren zwei Steinbeile mit stumpfem Nacken aus der Jungsteinzeit (ca. 3000 v. Chr.).
Der 1992 eröffnete Golfplatz hat rund 6.100 Meter Spielbahnen, acht Wasserhindernissen sowie 38 Bunker. Die alten Eichen, Buchen und Esskastanien am Herrenhaus blieben erhalten. Dazu wurden rund 100 Großbäume, 200 Obstbäume sowie 46.000 Gehölze neu angepflanzt. Sie bilden mit einem etwa 2.000 Meter langen Bachlauf mit kleinen Teichen und Seen, der sich durch den Golfplatz schlängelt, ein abwechslungsreiches Landschaftsbild und sorgen für Lebensräume von Vögeln und Kleintieren.
1995 wurde das Schlösschen renoviert und diente einige Zeit als Geschäftsstelle des Golfclubs. Gleichzeitig wurde der bisherige landwirtschaftliche Hof abgebrochen und ein L-förmiges Clubhaus mit Restaurant erstellt. Erster Pächter und Chefkoch wurde 1996 Stephan Jaud, bis dahin Koch des Bundeskanzlers Helmut Kohl. Ihm folgte 1999 der Sternekoch Wolfgang Eikes, der neben dem Restaurant Haus Bey auch das Schlösschen als Feinschmecker-Restaurant „La Mairie“ pachtete, für das er später einen Michelin-Stern erhielt.
Seit 2006 ist nun Frank Feikes neuer Pächter und Chefkoch. Er betreibt sowohl das Clubhaus als auch das Herrenhaus, dieses aber nicht mehr als Gourmettempel, sondern als Restaurant für besondere Festivitäten. Heute ist hier auch ein Außen-Standesamt der Stadt Nettetal eingerichtet.