Einzelhandel in Nettetal Das „Wölkchen“ überlebt im Internet
Schaag. · Die Corona-Pandemie hat Patricia Spors gezwungen, das Geschäftsmodell ihres Second-Hand-Geschäftes für Kinderkleidung zu verändern. Das „Wölkchen“ hat kein Ladenlokal mehr, alles läuft nur noch online.
Wenn Patricia Spors an der Annastraße 11 in Schaag vorbeikommt und in das leere Ladenlokal blickt, dann wird sie traurig. Bis zum zweiten Lockdown 2020 befand sich im rund 25 Quadratmeter großen Raum noch ihr Kinder-Second-Hand-Geschäft „Wölkchen“. Zwar ist die 41-Jährige noch bis zum Ende des Monats die Mieterin der Räumlichkeit, aber an der Adresse tut sich nichts mehr. Patricia Spors hat ihr Einzelhandelsgeschäft aufgegeben. Sie führt es nur noch online weiter.
„Das ist sehr schade, denn die Annastraße 11 war nicht nur das Daheim vom ,Wölkchen’, sondern auch ein Ort der Kommunikation und des Austauschs. Der persönliche Kontakt zum Kunden ist mir immer wichtig gewesen“, sagt die Schaagerin. Die Kunden kamen zum Einkaufen vorbei, brachten ihre Kinder mit, und es gab zusammen mit dem eigentlichen Einkauf viele nette Gespräche. Doch die Corona-Pandemie hat das alles zunichte gemacht.
Am 29. März startete
der Online-Shop
Dabei hatte Spors andere Pläne. Aufgrund der guten Annahme ihres Second-Hand-Geschäftes wollte sie sich vergrößern. Nun gibt es statt einem größeren Ladenlokal kein Geschäft mehr. Alles läuft nur noch über einen Online-Shop. Schon der erste Lockdown im März vergangenen Jahres stellte Patricia Spors vor eine Herausforderung. „Als ich aufgrund der Vorgaben schließen musste, hatte ich erst einmal einen Durchhänger. Die Frage, wie es weitergehen sollte, stand im Raum. Schließlich liefen meine Kosten für Miete und Nebenkosten weiter“, erinnert sie sich. Vor dem Hintergrund, dass sie bereits auf Facebook eine eigene Seite hatte, auf der sie vieles aus ihrem Ladenlokal vorstellte, kam die Idee, ein Online-Angebot ins Leben zu rufen.
Mit einer Freundin zusammen wurde jedes einzelne Teil aus dem „Wölkchen“ fotografiert und beschrieben. Am 29. März startete der Online-Shop von „Wölkchen“. Als Patricia Spors ihr Geschäft wieder öffnen konnte, machten die Auflagen ihr das Leben schwer. Waren es am Anfang noch drei Kunden, die gleichzeitig im Ladenlokal sein durften, reduzierte sich die Zahl dann auf zwei und letztendlich auf einen Kunden. In Anbetracht der Tatsache, dass die Annastraße eine stark frequentierte Straße mit einem schmalen Bürgersteig ist, empfanden die Kunden, oftmals von ihren kleinen Kindern begleitet, ein Warten vor dem Geschäft nicht als angenehm. Stöbern im Sortiment, mal anprobieren und etwas erzählen, dauert. Derweil vor dem Geschäft warten, macht keinen Spaß. Das Fazit: Es kamen weniger Kunden. Viele nutzten stattdessen den weiterhin laufenden Online-Shop.
Im Herbst war für die Betreiberin schon eine Schließung in Sicht. Mit dem zweiten Lockdown führte dann kein Weg mehr daran vorbei. „Es ist mir nicht leicht gefallen, aber es geht nicht anders“, sagt die zweifache Mutter, die das „Wölkchen“ im März 2018 an der Annastraße startete. Als ihre jüngste Tochter Victoria ein halbes Jahr alt war, kam bereits die Idee eines Second-Hand-Ladens auf. Sie und ihr Mann Ronny standen selber vor eine Ansammlung von Baby- und Kindersachen, aus denen der eigene Nachwuchs herausgewachsen war. Das und die Tatsache, dass die 41-Jährige gelernte Einzelhandelskauffrau ist und immer von einem eigenen Ladenlokal geträumt hatte, gaben den Anstoß für die Realisierung des eigenen Geschäftes. „Zumal Second-Hand auch ein Umwelt- und Ressourcenschutz ist“, sagt Patricia Spors.
Aktuell ist im eigenen Haus ein Lagerraum für die Baby- und Kinderware entstanden, die in der Regel bis Größe 134 läuft. Dazu kommen Kleinzubehör wie Babywippen und Spiele. Ein Ziel hat die Schaagerin: Wenn die Pandemie irgendwann wieder ein normales Leben ermöglicht, möchte sie ein neues und größeres Ladenlokal eröffnen, denn das menschliche Miteinander in einem realen Geschäft möchte Patricia Spors nicht missen. „Ich berate zwar auch online mit Herzblut, aber vor einem Kunden stehen und sich in die Augen sehen können, ist doch etwas ganz anderes“, sagt sie.