Lobberich Suthor ist jetzt klimaneutral

Lobberich. · Der Lobbericher Papierverarbeiter wurde entsprechend zertifiziert. Aber auch die Produktpalette wird optimiert.

Der Blick in den Suthor Fabrikverkauf zeigt die saisonale Dekoration. Suthor ist Europas letzte Manufaktur für Laternen und Lampions.

Foto: Heribert Brinkmann

Das blau-weiße Rautenmuster für das Oktoberfest ist abgehakt, bei Suthor wird gerade viel für den Karneval produziert. Und dann nimmt man im Unternehmen für Papierverarbeitung schon die Fußball-EM im Juni in den Blick. Und alle Artikel vom Fähnchen bis zum bedruckten Pappbecher sind jetzt klimaneutral hergestellt.

Seit September ist das Lobbericher Unternehmen Suthor Papierverarbeitung als klimaneutrales Unternehmen zertifiziert. So können die von Suthor hergestellten Werbe- und Dekorationsartikel aus Papier und Karton das Label „klimaneutral hergestellt“ tragen. Von Climate Partner aus München, dem führenden Anbieter für Klimaschutzmanagement, erhielten die beiden Geschäftsführer Ralf Stobbe und Kevin Suthor jetzt die Zertifizierungsurkunde.

Für das zurückliegende Geschäftsjahr konnten 453,73 Tonnen CO2 durch Suthor kompensiert werden. Als Ausgleichsprojekt wählte man ein Waldschutzprojekt im Kibale Nationalpark in Uganda. Aber auch vorher war man an der Van-der-Upwich-Straße immer schon umweltbewusst. Das Unternehmen produziert Strom zum Eigenverbrauch über die Photovoltaikanlage auf dem Dach. Das Regenwasser vom Dach wird gesammelt und versickert im Boden. Druckprodukte werden mit mineralölfreien Farben auf Pflanzenölbasis hergestellt und fast alle eingesetzten Papiere und Kartonmaterialien stammen aus nachhaltiger Forstwirtschaft.

Die Ausrichtung auf mehr Nachhaltigkeit verändert aber auch die eigenen Produkte. Eine Neuentwicklung war Anfang des Jahres der RecyCup. Bei herkömmlichen Pappbechern ist die Innenseite mit Polyethylen beschichtet. Bei Suthor wurde eine Technik entwickelt, bei der die Beschichtung mit PE um 51 Prozent reduziert wurde, ohne dass die Dichtheit oder Haptik darunter leidet. Mit dem neuen Verhältnis von Papier und Kunststoff kann dieser Becher über die blaue Tonne wiederverwertet werden und ist kein Restmüll mehr.

Der lange Arm von Brüssel reicht aber noch viel weiter. Wie Geschäftsführer Ralf Stobbe berichtet, führt die EU mit der Trinkhallenverordnung 2021 ein Verbot von Kunststoff-Einweggeschirr ein, damit auch von Trinkhalmen. In der Branche wird jetzt befürchtet, dass man mittelfristig auch die Plastikstäbchen für Luftballons vom Markt nehmen müsse. Auch bei den Haltestäben für Papierfähnchen ist bereits eine „arge Marktzurückhaltung“ spürbar. Das heißt, der Handel ordert nicht mehr wie früher. Den Kunststoffstab durch ein Holzstäbchen zu ersetzen, wäre deutlich teurer. Dabei ist das für die Plastikstäbchen eingesetzte Material bereits recycelt. Ein Unternehmen aus Franken stellt die Plastikstäbe aus Stanzen-Resten bei der Produktion von Joghurtbechern her.

Luftballons sind nicht aus Kunststoff, sondern aus Kautschuk

Auch die Hersteller und Bedrucker von Luftballons klagen, dass die meisten Verbraucher glaubten, Luftballons seien aus ölbasierten Kunststoffen hergestellt. Dabei werde Kautschuk verwendet, also ein Naturprodukt.

So modern das Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit ist, so traditionsbewusst ist man dort auch. Gerade sind Martinslaternen gefragt. Ralf Stobbe sagt durchaus mit Stolz: „Wir sind Westeuropas letzte Manufaktur für diese Artikel.“ Das eingefärbte Papier läuft über beheizte Walzen. Aber das Falten danach ist reine Handarbeit. Dafür gibt es keine Maschinen, erfährt der staunende Besucher. Auf der anderen Seite hat der Digitaldruck auch Kleinauflagen ermöglicht. Für Hochzeiten und Geburtstag werden schon mal Fähnchen in Auflagen von 50 bis 100 bestellt. Früher wurde dafür keine Druckmaschine angeworfen. Der Vertrieb solcher Produkte läuft über Werbemittelverkäufer, die ihre eigenen Onlineportale betreiben. Um einer Münchener Brauerei zum Oktoberfest Wimpelketten zu verkaufen, braucht es Leute direkt vor Ort. Suthor ist ein reines B2B-Unternehmen für andere Unternehmen. Trotzdem gibt es vor Ort einen Fabrikverkauf für Fest- und Partyartikel. Schützenvereinen wird ein Schneideservice für Krepp-Papier angeboten. So werden die Papierbögen in Streifen geschnitten. Daraus lassen sich leichter Kreppröschen drehen oder Maibäume schmücken. Dieser Service ist eine Reminiszenz an die Anfänge des Unternehmens, als die Großeltern 1928 Schützenzelte und Karnevalssäle dekorierten. hb