Notquartier sorgt für Diskussion
In der ehemaligen Diskothek Kneppenhof sollen 200 Flüchtlinge untergebracht werden. Die Zahl ist einigen Nettetalern zu hoch.
Nettetal. Die Hilfsbereitschaft der Nettetaler Bürger für die Flüchtlinge in der Stadt ist ungebrochen. Aber: „Die Stimmung kippt“, behauptete Lothar Kronauer (AfD) in der Sondersitzung des Sozialausschusses. Er wurde schnell eines Besseren belehrt. Zwar haben Anwohner aus Glabbach Unterschriften gegen die Pläne für eine Unterkunft mit 200 Plätzen in ihrer Sektion eingereicht. Sie stellten aber klar: „Wir sind nicht gegen Flüchtlinge.“
„Die Not ist groß“, umschrieb Sozialdezernent Armin Schönfelder die Zwickmühle für die Verwaltung. Spätestens ab Juni müssten neue Kapazitäten für weit über 300 Menschen her. Ihnen wolle man „menschenwürdige Unterkünfte“ anbieten, und zwar „gerecht auf die Stadtteile verteilt“. Das Gros ist aktuell in Breyell, Kaldenkirchen, Lobberich angesiedelt. Es böten sich nicht viele Möglichkeiten, auch die neuen Pläne sähen deshalb wieder zwei Einrichtungen in Breyell vor.
Schon vor zwei Wochen hatte die Stadt ihre Pläne im Ausschuss vorgestellt. Da die Fraktionen intern darüber beraten wollten, gab es nun die Sondersitzung. Als unstrittig gilt, im ehemaligen „Leutherheider“ bis zu 58 Personen unterzubringen und im Gebäude, Lötscher Weg 108, bis zu 100. „Der Knackpunkt aber ist der Kneppenhof“, umschrieb Willi Pollmanns (CDU) das Problem: Die ehemalige Diskothek in Glabbach soll bis zu 200 Menschen beherbergen. Das sei „zu viel“, warnte Renate Dyck (SPD). Man müsse die Sorgen der Bürger wegen der Größe ernst nehmen. Für Marcus Ploenes (Grüne) sind höchstens 100 Personen akzeptabel.
Die Bürger äußerten Bedenken vor und nach der Sitzung. Es lebten „genau so viele Flüchtlinge wie Einwohner in Glabbach, 200 nämlich“, das sei nicht hinzunehmen. Ihr Tenor: Flüchtlinge nach Glabbach ja, aber nicht so viele, und erst recht nicht nur junge Männer. Wobei nach Angaben der Stadt die Hinsbecker Sektion Glabbach offiziell mit den Straßen Ophoven, Nette und eben Glabbach 349 Einwohner hat. Zudem stellte die Verwaltung klar, die Zahl von 200 würde höchstens „schubweise“ erreicht, es sollten keinesfalls nur junge Männer nach Glabbach, langfristig sei eher an Familien gedacht. Solch ein großes Quartier sei eine aus der Not geborene Ausnahme.
Grundsätzlich baut die Stadt dabei in Sachen Betreuung von Flüchtlingen weiter auf das „überwältigende Engagement der Ehrenamtler“. So habe der Förderverein Flüchtlingshilfe bereits sein Mitwirken auch für die neuen Unterkünfte angeboten. Im Kneppenhof jedoch würde die Verwaltung „wegen der Randlage und der geplanten Größe“ die Betreuung mit eigenen Sozialarbeitern und externen Kräften und einem Sicherheitsdienst selbst organisieren.
Die Bedenken nicht nur der Anwohner blieben. Deshalb strebten CDU, FDP, Grüne, SPD und WIN für die Entscheidung „einen breiteren Konsens“ an, damit „für Populismus kein Raum“ entstehe, wie Dyck es als Seitenhieb auf die AfD formulierte. Die Folge: Nun soll der Rat Anfang April in einer Sondersitzung entscheiden.
Die zeitliche Verzögerung bereitet Bürgermeister Christian Wagner wiederum Sorge. Die Zeit für Vertragsverhandlungen mit den Eigentümern und für anstehende Umbauarbeiten werde mehr als knapp, bedauerte er. Wagner fügte aber in Anlehnung an das berühmte Merkel-Zitat „Wir schaffen das“ als Mutmacher hinzu: „Das schaffen wir!“