Nitratbelastung in Viersen: Gülle-Missbrauch rückt in den Fokus
Das Grundwasser im Kreis Viersen ist hoch mit Nitrat belastet. Die Kommune will eigene Kompetenzen bei der Kontrolle. Vom Land NRW gebe es dafür „positive Signale“.
Kreis Viersen. Dass eine Kommunalbehörde eine kosten- und personalintensive Aufgabe übernehmen will, ist in Zeiten leerer Kassen ungewöhnlich. Im Fall des landwirtschaftlich geprägten Kreises Viersen zeigt dieses Interesse, dass er vor der Haustür ein großes Problem hat. Die Rede ist von einer hohen Nitratbelastung des Grundwassers — zum größten Teil eine Folge der Düngung mit Gülle. Vertreter des Kreises Viersen und eines von der Verwaltung beauftragten Gutachterbüros machten in einem Pressegespräch deutlich, dass es derzeit keine geeigneten Dokumentationen und Kontrollen im Bereich der Güllenutzung gibt.
„Wir haben zum Thema Nitratbelastung ein Gutachten erstellen lassen. Auch um zu klären, wer bei diesem Thema Handlungskompetenzen hat“, sagt Landrat Andreas Coenen (CDU). Eine Kommunalbehörde wie der Kreis Viersen habe derzeit wenig Kompetenzen bei den Themen Gülle und Nitratbelastung. Und das wollen Landrat Coenen und der Technische Dezernent des Kreises, Andreas Budde, ändern. Zur Koordination von Kontrollen und Dokumentationen in der Landwirtschaft sei die Untere Umweltschutzbehörde des Kreises durchaus geeignet, so Budde. „Wir wollen etwas tun. Und nicht nur deutlich machen, was wir alles nicht tun können“, ergänzt Coenen.
Mit gutachterlicher Hilfe will der Kreis Viersen verdeutlichen, dass die aktuellen Kontrollmechanismen in NRW nicht ausreichen, um das Problem in den Griff zu bekommen. Innerhalb sogenannter Trinkwasserschutzgebiete kooperieren die Landwirte derzeit — auf freiwilliger Basis — mit den örtlichen Wasserversorgern. Dies funktioniert aus Sicht der Kreisverwaltung zwar gut, könne aber durch eine Kooperationspflicht noch besser werden.
Außerhalb dieser Trinkwasserschutzzonen seien die Kontrollen noch schwieriger. Dort kooperiert die beratende Landwirtschaftskammer mit den Unternehmern. Ebenfalls auf freiwilliger Basis erhält die Kammer einen Einblick in die Nährstoffberichte der landwirtschaftlichen Betriebe. „Auch hier sollte man das Prinzip der Freiwilligkeit hinterfragen“, sagt der beauftragte Gutachter aus Aachen.
Zumal die Landwirtschaftskammer nach eigenen Angaben eine „berufsständische Selbstverwaltungskörperschaft“ ist, „in der gewählte Landwirte, Landfrauen und Gärtner die ehrenamtlichen Entscheidungsgremien bilden. „Alle Gremien der Landwirtschaftskammer bestehen zu zwei Dritteln aus Vertretern der Unternehmer und zu einem Drittel aus Vertretern der Arbeitnehmer“, heißt es auf der Homepage der Kammer. Die behördlichen Kontrollaufgaben hat das Land NRW der Kammer übertragen.
Ein weiteres großes Problem des grenznahen Kreises Viersen sind die sogenannten Gülle-Importe aus den Niederlanden. Die Menge sei zwar über ein EU-Datenbanksystem zu dokumentieren. Und auf niederländischem Gebiet seien die Import-Fahrzeuge auch in einem GPS-System registriert. Auf der deutschen Seite der Grenze ist die Lage aber anders: Wo der Importeur das natürliche Düngemittel aus den Niederlanden aber letztlich in den deutschen Boden lässt, kann aus Sicht des Kreises Viersen nicht nachvollzogen werden.
„Die Kreisverwaltung hat keine Zuständigkeiten zur Kontrolle über den weiteren Verbleib und die Verwendung in den abnehmenden Betrieben — mit Ausnahme von Biogasanlangen“, schildern die Viersener die rechtliche Situation in NRW. Nach Ansicht des Gutachters brauchen Kontrollbehörden die Daten der landwirtschaftlichen Betriebe. „Je besser man die legalen Aktivitäten dokumentieren kann, umso besser kann man illegale herausfiltern“, sagt Müller.
Durch die Studie und das Signal, dass man Verantwortung übernehmen will, sei der Kreis Viersen in einer Vorreiterrolle in NRW. Das sagt Gutachter Müller, der nach eigenen Angaben auch die Landesregierung in vielen Fragen des Wasserschutzes beraten hat. Für die Idee aus Viersen, den Kommunen mehr Handlungskompetenzen zu übertragen, gebe es aus Düsseldorf „positive Signale“. Zumal die Landwirtschaftskammer in den Prozess involviert sei.
Öffentlich hält sich das zuständige Umweltministerium noch mit einer Aussage zurück. In den kommenden Tagen werde eine Antwort auf eine entsprechende Anfrage der CDU im Kreis Viersen auf den Postweg gebracht.