Regelung behindert Flüchtlingshilfe
Der Kreis gibt seit Juli Gutscheine für Möbel aus. Die können aber nur in drei Läden eingelöst werden.
Kreis Viersen. Drei Wochen lang hat der junge Mann aus Eritrea in einer leeren Wohnung gehaust. „Er musste auf einer geliehenen Luftmatratze kampieren“, erzählt Ina Grießer von der Flüchtlingshilfe Tönisvorst, die den Mann ehrenamtlich betreut. Um eine Küche, Möbel und Geschirr zu bekommen, musste ein Antrag gestellt werden. Zwar bekam der Eritreer nach zwei Wochen einen Einkaufsgutschein für die „Kaufbar“, einem Gebrauchtwarenkaufladen in Viersen, aber dort musste er erst einen Termin absprechen. „Ich erhielt bei ‚Kaufbar‘ die Auskunft, dass er den Termin frühestens in vier Wochen bekommt und auch erst, nachdem er den Gutschein im Geschäft eingereicht hat“, erzählt Ina Grießer.
Letztlich besorgte Familie Grießer aus einer Haushaltsauflösung eine kostenlose Küche und ein Bett, steuerte selbst noch eine Matratze und eine Minimalausstattung für die Küche bei. Die fehlenden Dinge, wie Schrank und Couch, könnte der Mann bei der Flüchtlingshilfe Tönisvorst für rund 30 Euro kaufen, auch Besteck, Geschirr und Bettwäsche wären preisgünstig im Ort zu haben, stattdessen hat er einen Gutschein im Wert von 2000 Euro für die „Kaufbar“.
„Sicherlich sind einige Flüchtlinge auf die Gutscheine angewiesen“, sagt Ina Grießer, aber da, wo die Flüchtlingshilfe gut erhaltene Möbel günstig verkaufe und viele Spenden bekomme, sei das Modell zu unflexibel und wegen der Wartezeiten kaum tragbar.
Benedikt Giesbers, stellvertretender Kreispressesprecher, bestätigt, dass es seit Juli die Gutscheinregelung gibt. Außer in der „Kaufbar“ können die Flüchtlinge die Gutscheine bei „Trendwerk“ in Viersen und „Möbel Busch“ in Nettetal einlösen. „Die Erstausstattung gibt es nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle Menschen, die Anspruch auf Sozialleistungen haben“, erklärt Giesbers.
Benedikt Giesbers, Pressesprecher
Luxusartikel wie etwa Fernsehgeräte könnten von den Gutscheinen nicht gekauft werden. „Es geht um die einfachen Dinge wie Möbel, Bettwäsche, Handtücher und Geschirr.“ Wenn die Flüchtlingshilfen Möbellager haben und mit dem Sozialamt zusammenarbeiten würden, wäre das wünschenswert, sagt Giesbers, aber: „Der Verein kann wahrscheinlich nicht die komplette Ausstattung stellen und die nötigen rechtlichen Bedingungen erfüllen.“ Dass Flüchtlinge oft lange warten müssten, bis sie Möbel bekämen, liege an der Vielzahl der Flüchtlinge, die derzeit Wohnungen beziehen, erklärt der stellvertretende Pressesprecher, der betont, dass nicht jeder Flüchtling Gutscheine im Wert von 2000 Euro bekomme: „Erstens gilt das nur für anerkannte Asylanten und zweitens wird geguckt, was in der Wohnung schon vorhanden ist. Danach berechnet sich die Höhe der Gutscheine.“
Tatsächlich ist das Möbellager der Tönisvorster Flüchtlingshilfe an der Industriestraße, das die Firma LTP Lagertechnik zur Verfügung stellt, gut gefüllt: Matratzen, Schränke, Stühle, Sofas und Regale stapeln sich im Raum. „Wir bekommen Spenden und kaufen günstig gebrauchte Möbel“, sagt Melanie Jaspers, die die Sachspendengruppe bisher koordiniert hat. Zehn Deutsche und acht Flüchtlinge gehören der Gruppe an. „Wir holen Waschmaschinen aus Kellern und Sofas aus der zweiten Etage.“ Meist in Privatfahrzeugen werden die Möbel ins Lager gebracht, wo ihre neuen Besitzer sie zum Selbstkostenpreis erwerben können. „Jetzt, da es die Gutscheine gibt, werden wir wohl umstrukturieren und bedarfsgerecht nach Möbeln suchen“, sagt Susanne Lorenz, die neue Koordinatorin der Tönisvorster Flüchtlingshilfe. Was die Flüchtlinge bei „Kaufbar“, „Trendwerk“ oder „Möbel Busch“ nicht bekommen, das versucht die Sachspendengruppe zu organisieren.