Stolpersteine: Veto-Recht bleibt bestehen
Hauseigentümer können die Verlegung vor ihrer Immobilie weiterhin ablehnen — dafür votierte der Viersener Rat mit 27:25 Stimmen.
Viersen. Hauseigentümer in Viersen behalten ihr Veto-Recht gegen die Verlegung sogenannter Stolpersteine auf dem Bürgersteig vor ihrer Immobilie. Mit einer Stimme Mehrheit lehnte der Stadtrat in seiner jüngsten Sitzung einen Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung ab, das Veto-Recht abzuschaffen. Der Abstimmung war eine leidenschaftlich geführte, zum Teil emotionale Debatte vorausgegangen.
Viersen gehörte mit zu den ersten Städten in Deutschland, in denen der Künstler Günter Demnig seine Stolpersteine verlegte. Mehr als 60 000 sind es zwischenzeitlich in Deutschland und im europäischen Ausland. Auf den Messingsteinen sind die Namen von Holocaust-Opfern eingraviert. Sie erinnern an den letzten Wohnort der Opfer des Nationalsozialismus vor ihrer Deportation.
Im heutigen Viersener Stadtgebiet wurden 214 jüdische Einwohner Opfer. Aktuell liegen in Dülken zwölf Stolpersteine, in Alt-Viersen 16. Der Süchtelner Uwe Micha hatte beantragt, dass auch in Süchteln Stolpersteine verlegt werden, kümmerte sich über Spenden um die Finanzierung. Zwei Hauseigentümer legten ihr Veto ein. Die Entscheidung einer Eigentümergemeinschaft steht noch aus, sie soll im kommenden Monat fallen. „Ich bin enttäuscht“, erklärte Uwe Micha nach der Entscheidung des Stadtrats: „Allerdings hatte ich nichts anderes erwartet.“
Vor der Abstimmung war zunächst ein Antrag der Fraktion FürVie gescheitert. Deren Fraktionsvorsitzender Hans-Willi Pertenbreiter hatte vorgeschlagen, dass bei einem Veto der Eigentümer der Stolperstein einige Meter versetzt an der Straße verlegt wird. 26 Ratsmitglieder stimmten dafür (CDU, FDP, FürVie), 26 dagegen (Bürgermeisterin, SPD, Grüne, Linke, ein FürVie-Mitglied, NPD), zudem enthielt sich ein CDU-Mitglied — damit gab’s auch für den Antrag keine Mehrheit.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Stephan Sillekens erklärte während der Debatte, die Stadt Viersen habe bisher bei der Erinnerungskultur zu wenig getan. „Das ist eigentlich ein Grund für uns, in Sack und Asche zu gehen.“ Dennoch sei die Empfehlung der Verwaltung, Stolpersteine auch gegen den Willen der Hauseigentümer zu verlegen, der falsche Weg. „Wir müssen die Eigentümer mitnehmen, dafür Geduld aufbringen.“
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Martina Maaßen, entgegnete: „Wir haben einen öffentlichen und ethischen Auftrag, der Opfer zu gedenken. Darin dürfen wir uns nicht durch ein Vetorecht einschränken lassen.“