Ein Riff für den Nierssee

Muscheln sollen sich im Baggersee ansiedeln und die Qualität des Gewässers verbessern.

Viersen. Das 3,50 mal 3,50 Meter große Floß mit dem rund drei Meter hohen Kran und den an den Rändern gestapelten Tonröhren und Steinen gerät ins Schwanken. Gerade ist Martin Kupich über die Planken geschritten, die das Floß mit dem Ufer des Nierssees verbinden.

"Wir können los!", ruft er zum Ufer hinüber, wo sich jede Menge Mitglieder des Angel und Casting Vereins Viersen versammelt haben. Franz Aarts, Vorsitzender des Vereins, zieht die beiden Planken vom Floß weg ans Ufer. Hermann Josef Winkelmann hockt sich an den kleinen Bootsmotor. Ein letztes Winken der beiden Männer sowie von Corinna Eßer, die sich ebenfalls an Bord befindet.

Allerdings nicht mehr lange. Sie steckt nämlich in einem Taucheranzug und macht sich startklar, ihrem Mann Markus Eßer in die Tiefen des Sees zu folgen. Auf den beiden lastet heute die Hauptaufgabe. Sie beginnen mit dem Bau eines Unterwasserriffs.

Die Idee, in dem 16 Hektar großen und durchschnittlich 13 Meter tiefen See, der durch eine Kiesbaggerei entstanden ist, ein Unterwasserriff anzulegen, kam schon vor einigen Jahren auf. "2006 wurde in unserem See zwecks einer groß angelegten Krebskartierung getaucht. Eßer gehörte damals auch zum Team", erinnert sich Aarts.

Der promovierte Biologe Eßer, der auch schon in der Ostsee beim Bau eines künstlichen Riffes mitgearbeitet hat, trat dem Verein bei, um den See als Taucher nutzen zu können. Er war es dann auch, der die Idee eines Unterwasserriffes für den Nierssee einbrachte.

"An einem solchen Riff siedeln sich Muscheln an, die ansonsten in einem solch künstlich angelegten See keine Strukturen haben, um sich festzusetzen", sagt Eßer. Diese Muscheln filtern das Wasser und sorgen so für ein sauberes Gewässer. Zudem bietet ein Riff Rückzugsmöglichkeiten für Fische, insbesondere Jungfische.

Pläne für ein Riff wurden entworfen, und der Verein stellte im Februar 2009 den Antrag bei der Stadt Viersen, die als Besitzer des Sees grünes Licht für den Bau geben musste.

Auch die auskiesende Firma und der Kreis Viersen als Landschaftsschutzbehörde waren gefragt. Im September vergangenen Jahres kam die Genehmigung und jetzt ist es soweit. Der Bau des 20 mal 20 Meter großen und 1,50 bis zwei Meter hohen Riffes beginnt in einer Tiefe von acht Metern.

Mittlerweile hat das Floß die Bojen-Markierung, wo das Riff unter Wasser entstehen soll, erreicht. Kupich und Winkelmann packen nach und nach Tonröhren und Steine in die selbstschließende Steinzange am Kran, um das Material zum tauchenden Ehepaar Eßer nach unten zu lassen.

Was sich unter Wasser abspielt, bleibt für die Zuschauer und auch die beiden Floßfahrer ein Geheimnis, dass sich allerdings später lüften wird. Denn Eßer filmt den Bau. Denn ein einfaches Riff ist die Anlage im Nierssee nicht. Es handelt sich um ein Forschungsprojekt.

Wenn der eigentliche Riffbau abgeschlossen ist, werden noch spezielle Textilmatten eingebaut, die als Aufwachsträger für die Muscheln dienen. "Die sind von einem sächsischen Textilforschungsinstitut gesponsert worden und haben einen Wert von 10 000 Euro", berichtet Eßer. Jeden Monat wird der Biologe künftig zum Unterwasserriff tauchen und dokumentieren, wie sich das Riff entwickelt. Nicht nur die Angler vom Verein sind gespannt.