Flohmarkt: Kinder als ganz große Händler

Schon vor dem Morgengrauen bauen die ersten ihre Stände in Viersen auf. Ohne den Nachwuchs geht hier nichts.

Viersen. Es ist der 36. Kinder- und Jugendflohmarkt und der größte in NRW. In diesem Jahr spielt das Wetter nicht mit. Die große Hitze, die noch vor einigen Jahren dafür sorgte, dass Sonnenhüte der Renner waren, fehlte. Dafür nieselt es leicht, als die ersten ihre Stände aufbauen - manche bereits vor vier Uhr.

Im Stadtgrill sitzen Marktmeister Christian Eckert und sein Team und trinken den ersten Kaffee. Um vier Uhr sind sie das erste Mal über den Markt gegangen, um zu sehen, ob jemand seinen Stand ohne Kind aufgebaut hat. In drei Zweierteams ist das Ordnungsamt unterwegs. In Zivil, damit sie auch mal inkognito Fragen stellen können.

Eckert und seine Kollegin Antje Kambach betreuen den Abschnitt zwischen Sparkasse und Lindenstraße. Unter dem schützenden Vordach der Bäckerei müssen sie gleich das erste Mal fragen: "Wo ist denn Ihr Kind?" "Das schläft noch, kommt aber gleich", antwortet die Mutter. Am Nachbartisch springt ein Vater auf: "Ich war gerade schon unterwegs, unseren Sohn abzuholen."

"Ich wollte die Kinder gegen sieben bringen lassen", sagt eine Mutter in Höhe von Woolworth. Das ist für Eckert zu spät. "Andere Kinder sind schon da", erklärt er ihr und zeigt in die Runde, wo reichlich kleine Augenpaare aus Decken herauslugen oder schon mit Feuer und Flamme bei der Verkaufsarbeit sind.

Vor einem Kiosk hat der Besitzer mit Mülltonnen eine Absperrung gebaut. Er möchte keine Stände vor seinem Fenster. Die Beiden vom Ordnungsamt räumen die Tonnen weg. Kurz darauf bauen ein paar Jungen dort ihren Stand auf.

Auch im Zusammenklappen von Tapeziertischen sind Eckert und Kambach firm. Steht irgendwo ein herrenloser Tisch, um einen der begehrten Plätze unter den Vordächern zu reservieren, wird er zusammengeklappt und weggestellt.

Es naht der erste Ärger des Tages: In einem Geschäftseingang packt eine junge Frau aus. Neben ihr steht ein weiterer Tisch. "Der ist von unseren Nachbarn", sagt sie auf Eckerts Frage. Nachdem die nicht auf der Bildfläche erscheinen, will er den Tisch abbauen.

"Es ist doch meiner", sagt die Frau dann. Wie viele Kinder sie denn habe, will der Marktmeister wissen. Denn mehr als vier Meter dürfe man für ein Kind nicht beanspruchen. "Sechs", behauptet die junge Frau. Die Ordnungsamtsmitarbeiter wollen dennoch den Tisch abbauen.

Die Frau fühlt sich genötigt, schimpft. Schließlich erscheint der Nachbar, verspricht auch, sofort mit dem Aufbau zu beginnen. Das Ordnungsamt rückt ab. Dabei hatte Eckert sein Handy schon in der Hand gehabt, um die Polizei zur Hilfe zu rufen.

Für Standbetreiber wird er es am Montag nicht mehr brauchen. Nur ein paar unverbesserliche Autofahrer müssen abgeschleppt werden, weil sie die Busspur oder andere Wagen zugeparkt haben.

Auf dem Markt dürfen alle bleiben. "Auch wenn es mich manchmal ärgert, wenn ich weiß, dass da professionelle Händler mit Alibi-Kindern stehen", sagt Antje Kambach. Aber es gelte eben, den Charakter des Marktes zu erhalten: "Hier verkaufen Kinder."