Wie beurteilt die SPD die Haushaltslage 2024?
SPD Viersen zum Haushalt 2024 „Deutlicher Nachholbedarf beim Bau von Mietwohnungen“
Viersen · Viersens Politiker ringen um den Haushalt 2024. Manuel García Limia erklärt die Haltung der SPD.
García Limia Die Situation des Haushaltes erinnert an das Märchen vom Hasen und Igel. Die Mehrheit des Rates und die Verwaltung machen ihre Hausaufgaben und gehen mit dem Haushalt sehr verantwortungsvoll um. Und immer, wenn man am Ziel ankommt, sitzt da der Igel – sprich Bund und Land – und sagt „Ich bin schon hier!“ und packt weitere Pflichtaufgaben drauf, die wir erfüllen müssen. Und dann kommt der Kreis und erhöht die Kreisumlage. Wenn 97 Prozent des Haushaltes fremdbestimmt sind, dann sind die Spielräume überschaubar. Obwohl wir vor Ort unsere Hausaufgaben gemacht haben.
Und wie beurteilt die SPD den Haushaltsentwurf der Stadtverwaltung? Was hat Ihnen gut gefallen, was weniger?
García Limia Es war immer Konsens im Arbeitskreis „Haushaltskonsolidierung“, dass wir verantwortungsvoll mit den Finanzen umgehen müssen und jede Ausgabe auf ihre Notwendigkeit und vor allem Nachhaltigkeit hin betrachten müssen. Daher ist nicht mehr viel Luft für Einsparungen vorhanden. Diese realistische Handschrift sieht man in dem vorgelegten Haushaltsentwurf. Trotz einer schwierigen Gesamtlage, liegt ein sehr solider Haushalt vor, der trotz aller Widrigkeiten Investitionen von fast 20 Millionen Euro einplant. Da sind unter anderem wichtige Investitionen im Kita- und Schulbereich. Es herrscht also kein Stillstand, sondern wir stellen die Weichen für die Zukunft.
Was fehlt Ihrer Fraktion im Haushalt? Welche drei Projekte will Ihre Fraktion einbringen?
García Limia Viele Projekte lassen sich nicht innerhalb eines Haushaltsjahres umsetzen. Vor allem dann, wenn externe Faktoren – ich verweise auf Corona oder dem russischen Angriffskrieg – die Spielräume deutlich einschränken. Kommunalpolitik ist kein Kurzstreckenlauf, sondern entspricht eher einem Marathon. Ausdauer, Nachhaltigkeit und perspektivisches Denken sind die erforderlichen Eigenschaften. Für uns gibt es eine Vielzahl von Themen und Projekten, die wir auf unserer Agenda haben. Drei Bereiche möchte ich an dieser Stelle auf jeden Fall hervorheben. Das aktuelle „Kommunale Handlungskonzepts Wohnen der Stadt Viersen“ macht deutlich, dass hinsichtlich der Ausweisung von Grundstücken für den Bau von Mietwohnungen und Eigenheimen, insbesondere im Segment für bezahlbaren Wohnraum, deutlicher Nachholbedarf besteht. Auch Mobilität ist hierbei ein wichtiger Baustein. In Viersen wird man nie ganz auf das Auto verzichten können. Es ist wichtig, dass wir nicht vom Auto abhängig sind, wenn wir uns fortbewegen wollen oder müssen. Wir müssen ein Verkehrsnetz vorhalten, in dem alle Verkehrsteilnehmer*innen gleichberechtigt sind. Dafür muss der ÖPNV deutlich attraktiver und perspektivisch auch günstiger werden. Wir müssen Strukturen aufrechterhalten und ausbauen, die dafür sorgen, dass Vereine, Verbände, Organisationen und Ehrenamtler*innen in Viersen weiterhin ihr Engagement aufrechterhalten können. Dazu gehört auch eine Veranstaltungshalle in Viersen.
Wo braucht die Verwaltung aus Ihrer Sicht mehr Personal, wo nicht?
García Limia Auf dem Papier verfügt unsere Verwaltung über genügend Personal. Der vorgelegte Stellenplan gibt die Bedarfe, die wir haben, realistisch wieder. Das eigentliche Problem ist vielmehr, dass nicht alle Stellen besetzt sind. Von den rund 1200 Stellen im Stellenplan, sind zwölf Prozent nicht besetzt. Die vorhandenen Mitarbeiter*innen haben inzwischen die Grenze der Belastung erreicht. Betrachtet man die vakanten Stellen, die teilweise zwei Jahre nicht besetzt werden können, dann weiß ich als Betriebsrat, dass dies nur auf Kosten der Mitarbeiter*innen geht. Dass die Verwaltung trotzdem gute Arbeit leistet, funktioniert nur durch großes Engagement der Mitarbeiter*innen. Auch wenn es kein Viersen-spezifisches Problem ist, müssen Verwaltung, Politik und der Personalrat sich Gedanken darüber machen, wie wir noch attraktiver für Bewerber*innen werden. Es passiert bereits einiges, aber da haben wir noch Luft nach oben.
Der Haushalt ist ausgeglichen, allerdings auch durch einen großen Griff in die Rücklage. Würden Sie Steuererhöhungen zustimmen, um Ihre Projekte zu verwirklichen?
García Limia Eine Erhöhung der Steuern halten wir aktuell für falsch. Wir glauben nicht, dass sich die finanzielle Situation vieler Menschen in diesem Jahr so ändern wird, dass eine Erhöhung nach jetzigem Stand zumutbar wäre. Vor allem nicht, wenn es die Möglichkeit gibt, dass wir auf die Rücklage zurückgreifen können.
An welcher Stelle wird bei den freiwilligen Leistungen zu viel Geld ausgegeben? Was will die SPD im Haushalt streichen?
García Limia Mit uns wird es keine Kürzungen der freiwilligen Leistungen geben. Sie stellen das Herzstück der kommunalen Politik dar, die den Charakter unserer Stadt ausmachen. Dies hat sich bei der Diskussion zur Sommerbühne und dem Jazz-Festival gezeigt, wo FDP und die Fraktion „Grünen im Rat der Stadt Viersen“ die Sommerbühne opfern wollten. Eine Veranstaltung, die für ganz viele Menschen eine Herzensangelegenheit ist. Natürlich ist es immer sinnvoll, dass man sich genau anschaut, welche freiwilligen Leistungen angeboten werden und wie diese erfüllt werden. Wir reden hier von rund 8,6 Millionen Euro an freiwilligen Leistungen. Das macht knapp drei Prozent des Haushaltes aus. Die strukturellen Probleme des Haushaltes lassen sich damit nicht lösen.