Klima-Camp in Viersen Viersen im Ausnahmezustand

Viersen. · Die Polizei hat am Freitag den Viersener Bahnhof für rund sechs Stunden gesperrt. Protokoll eines außergewöhnlichen Tages.

Hunderte Aktivisten warten am Mittag vor dem gesperrten Bahnhof darauf, Richtung Braunkohlerevier zu kommen. Die Polizei lobt das friedliche Verhalten der Kohle-Gegner.

Foto: Prümen, Norbert (nop)

Tausende Klima-Aktivisten haben am Freitag versucht, vom Camp am Hohen Busch in Viersen aus ins rheinische Braunkohlerevier zu kommen. Das gelang ihnen nur mit deutlicher Verspätung: Die Polizei Aachen sperrte den Viersener Bahnhof für mehr als sechs Stunden ab. Protokoll eines Tages von Viersen im Ausnahmezustand.

8 Uhr Einsatzbeginn für Mitarbeiter des städtischen Ordnungsdienstes. Sie schleppen in Camp-Nähe weit mehr als Dutzend Fahrzeuge ab, die im Bereich Aachener Weg/Schirick gefährdend oder behindernd parken und so die Rettungswege blockieren. „Fußgänger waren durch die Falschparker gezwungen, auf die Fahrbahn auszuweichen“, erklärte Stadtsprecher Frank Schliffke. Wer nur im Halteverbot steht, bekommt ein Knöllchen.

Im Camp: Ein Schlafplatz für Hasen ist mit Flatterband abgesperrt.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

9 Uhr Ein Polizeihubschrauber dreht seine Runden über dem Festivalgelände, verfolgt, wohin die Aktivisten laufen. Am Bahnhof zieht die Polizei starke Kräfte zusammen.

9.10 Uhr Zahlreiche Aktivisten verlassen das Camp zu Fuß, tragen weiße Overalls, haben Transparente dabei. Ihr Ziel: der Viersener Bahnhof. Laut Polizei kommt es dabei zu Straftaten: Die Aktivisten sollen Pyrotechnik angezündet haben.

Unter den Aktivisten befinden sich zahlreiche Kohle-Gegner aus anderen Ländern. Dennoch zeigen sie sich des Rheinischen mächtig.

Foto: Prümen, Norbert (nop)

10 Uhr Die Polizei sperrt den Viersener Bahnhof komplett – „um Straftaten zu verhindern“, wie eine Sprecherin erklärt.

11.15 Uhr „Ende Gelände“-Sprecherin Kathrin Henneberger nennt die Sperrung des Bahnhofs „eine Unverschämtheit“. Sie fordert die Polizei auf, den Bahnhof sofort wieder zu öffnen.

Busse bringen die Aktivisten nach Bedburg; begleitet von der Polizei.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

12 Uhr Vor dem Bahnhof richten sich Hunderte Klima-Aktivisten auf eine längere Wartezeit ein. Sie trommeln, singen, skandieren. Die Polizei lobt das friedliche Verhalten der Aktivisten. Andere haben sich zu Fuß auf den Weg nach Mönchengladbach gemacht, um vom dortigen Bahnhof aus zum Braunkohlerevier zu kommen. Dabei ziehen sie über die Fahrbahn der Freiheitsstraße, sorgen für Staus.

13.15 Uhr Auch die Grünen im Kreis Viersen kritisieren die Schließung des Bahnhofs. Vorstandsmitglied Rene Heesen sagt: „Mit der Sperrung des Bahnhofs in Viersen wird die Polizei Aachen nicht die angekündigten Blockaden aufhalten. Sie schränkt aber die Demonstrationsfreiheit ein und nimmt alle Pendler in Sippenhaft.“ Er forderte Aachens Polizeipräsident auf: „Kehren Sie auf den Boden der Rechtsstaatlichkeit zurück.“

20.06.2019 , VIE Viersen , Klimacamp Ende Gelände am Hohen Busch am Aachener Weg , am Donnerstag erreichen tausende Aktivisten das Camp , die Übungen beginnen.

Foto: Christoph Reichwein (crei)

13.30 Uhr In den „sozialen Netzwerken“ läuft die Gerüchteküche heiß. Angeblich seien bei McDonald’s Scheiben eingeschmissen worden (stimmt nicht), angeblich sei der Real-Markt geschlossen (stimmt ebenfalls nicht; dort gab’s nur eine Fehl-Alarmierung).

13.50 Uhr Beim Verwaltungsgericht Aachen ist ein Eilantrag auf Öffnung des Viersener Bahnhofs eingegangen. Zwei Aktivisten, die von Viersen aus mit dem Zug zur „Fridays for Future“-Demo nach Aachen wollen, versuchen, die Sperrung des Bahnhofs per Gerichtsentscheid zu beenden.

14 Uhr Das Ordnungsamt startet Radarmessungen im Bereich des „Ende Gelände“-Camps. Dort ist das Tempo aus Sicherheitsgründen auf 30 begrenzt; sonst gilt dort Tempo 50. Bis 18 Uhr werden rund 160 Fahrzeuge geblitzt; Spitzenreiter ist ein Autofahrer, der mit 91 Kilometern pro Stunde in der 30er-Zone unterwegs ist. Bereits am Mittwoch hatte die Polizei dort geblitzt, weil viele Fahrer zu schnell waren.

14.20 Uhr Die Aktivisten haben rund zwei Dutzend Busse geordert, die sie zu den verschiedenen Mahnwachen im Braunkohlerevier bringen sollen.

15.30 Uhr Die ersten Busse kommen in Bedburg an.

15.38 Uhr Das Verwaltungsgericht Aachen teilt mit, dass die Sperrung des Bahnhofs rechtens ist. Der Eilantrag wird abgewiesen.

16 Uhr Die Polizei gibt den Bahnhof wieder frei.