Auftritt in der JVA: Harte Jungs bezaubert
Vertreter des Magischen Zirkels aus Mönchengladbach traten vor Gefangenen der Justizvollzugsanstalt in Anrath auf.
Anrath. Es war so wie bei einem Kindergeburtstag: Die Beobachter waren froh, dabei zu sein, applaudierten mit freudigen Gesichtern den Zauberern nach dem plötzlichen Verschwinden eines großen Würfels oder als ein kleines Pult in der Luft schwebte. Etwas war aber doch anders: Es waren keine kleinen Kinder, sondern die „harten Jungs“ aus der Anrather Justizvollzugsanstalt, die von drei Vertretern des Magischen Zirkels in Mönchengladbach bezaubert wurden.
Der in Dortmund beheimatete Kunst- und Literaturverein für Gefangene (KLVG) hatte die Zauberstunde möglich gemacht. Um die Tristesse im Knast etwas zu durchbrechen und um die Gefangenen an die Kunst und Literatur heranzuführen.
Deutsche Bücher hinter schwedischen Gardinen. „Ich habe auch Bücher dabei, so über Rechtsfragen“, sagte nämlich eingangs KLVG-Mitarbeiter Günter Schwichtenberg, der damit auf die kostenlose Bücher- und Medienausleihe des Vereins hinwies. Und er hatte auch einen Kunden: „Haben sie eine Lektüre über Spanisch?“, fragte der 46-jährige Thomas, der dort noch wegen schweren Diebstahls etwa zweieinhalb Jahre einsitzt und seine Freizeit kreativ gestalten will: „Ich interessiere mich für den Spanisch-Kurs.“
Während andere Gefangene Schach spielten, im Kraftraum waren oder beim Yoga, kamen immerhin 55 zu den Zauberern Michael Petry, Bernhard Hansen und Christian Brieden in die Kirche der Anstalt. „Das ist für uns auch eine Premiere, in einem Gefängnis aufzutreten. Und es ist sehr spannend“, sagte kurz vor dem Auftritt Bernhard Hansen vom Magischen Zirkel.
„Wer möchte denn mal zersägt werden?“ Auf die Frage kam aus den hinteren Zuhörerbänken sofort die Antwort eines Mittvierzigers: „Ich, dann komme ich besser durch das Gitter.“ Gelächter bei den anderen, die sich später spontan als Assistenten der Magier zur Verfügung stellten. Wie Tommek, Thomas, Uwe oder Dirk, der schon lange als Küster in der Kirche arbeitet.
Ein verblüfftes „Das gibt’s doch nicht“ war mehrmals zu hören, als Karten verschwanden, an anderer Stelle wieder auftauchten, abgeschnittene Seile zueinander fanden oder aus einem Zehn-Euro-Schein ein Hunderter wurde. „Eine schwebende Jungfrau hätte ich auch gerne gesehen“, sagte in gebrochenem Deutsch einer der vielen ausländischen Gefangenen.
„Es hat Spaß gemacht“, sagte nach der 60-minütigen Vorstellung der 66-jährige Karl, der wegen Steuerhinterziehung zu zwei Jahren und acht Monaten verurteilt worden ist — 17 Monate sind schon rum. Karl weiß die langen Tage einigermaßen auszufüllen. „Dreimal in der Woche bin ich beim Spanisch-Kurs, mache beim evangelischen Kirchenkreis mit und koche sehr gerne mit einigen meiner Mitgefangenen.“
Zu schnell ging die Vorführung vorüber. Die Gefangenen wurden wieder in ihre Zellen gebracht. Um 21 Uhr war wie jeden Tag Einschluss.
“ Der KLVG wird in diesem Jahr noch mehrmals in Anrath sein. Im Frauenhaus tritt am 5. September die ukrainische Sängerin Mariana Sadovska mit ihrer „Blazztime“ auf. Am 13. November kommen die zwei Sängerinnen von „Chicks“. Und im Männerhaus spielt am 12. Dezember die „Central Park Band“.