Heimatmuseum Kamps Pitter in Schiefbahn Ausstellung macht Geschichte der Weber lebendig
Schiefbahn. · Ein Vortrag am Sonntag, 9. Februar, ist Auftakt für die Schau der Heimat- und Geschichtsfreunde im Kamps Pitter.
Riete, Schiffchen und Harpunen, Spulen und Winden liegen in den Vitrinen des Willicher Heimatmuseums Kamps Pitter. Bei diesen fremdartigen Begriffen geht es nicht um Dinge aus der Seefahrt oder dem Fischfang, sondern um die Geschichte der Seidenwebereien in Schiefbahn und Anrath.
Fotos, die den Verseidag-Betrieb in Schiefbahn vor dem Abriss zeigen, und viele kleinere Einzelexponate machen die Vergangenheit lebendig und zeigen, was in Schiefbahn und Anrath erarbeitet wurde. Da ist die Ausbildungsmappe einer Zeitzeugin ausgestellt, in der die Ereignisse der drei Lehrjahre festgehalten wurden. Ein Stoffmodellbuch und eines über die Färberei bringen die Arbeitsprozesse und Ergebnisse nahe, in einem Poesiealbum, das eine langjährige Sekretärin der Verseidag als Geschenk erhielt, sieht der Besucher Zeichnungen und Notizen.
Die Eröffnung verschaffte
vielen Webern wieder Arbeit
Am Anfang stand ein Konvolut von Fotos. Horst Scherzer, letzter Betriebsleiter des Verseidag-Betriebs, hatte es über einen anderen Mitarbeiter erhalten und Bernd-Dieter Röhrscheid übergeben. Damit war Röhrscheids Interesse geweckt und der Anlass geboren für das, was nach einer ausgedehnten Recherchearbeit zu der kleinen Präsentation im Kamps Pitter, vor allem aber zu einem ausführlichen Vortrag von Röhrscheid, Beisitzer im Vorstand des Heimatmuseums, führt. Am Sonntag, 9. Februar, wird er den Vortrag im Museum halten.
Dass die Seidenweberei die Samt- und Seidenstadt Krefeld bis auf den heutigen Tag prägt, ist bekannt. Doch gab es Ende des 19. Jahrhunderts eine betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, aufs Land zu gehen, wie Röhrscheid erklärt. Die Krefelder Industriellen Wilhelm Deuß und Albert Oetker gründeten einen Webereistandort in Schiefbahn, während Carl Lange ihn in Anrath schuf.
„Das hatte auch einen sozialen Aspekt“, führt Röhrscheid aus, „die Arbeitslosigkeit der Heimweber konnte so verringert werden.“ Verantwortlich für die steigende Arbeitslosigkeit unter den Webern war der Übergang zur mechanischen Weberei. 250 Weber fanden beispielsweise bei Carl Lange in Anrath Arbeit.
In seinem Vortrag wird Röhrscheid einen Schwerpunkt auf die Bedeutung von Carl Lange und dessen Sohn Hermann Lange sowie auf Albert Oetker und dessen Söhne Paul und Rudolf für die Kunst und Architektur in Krefeld legen.
Die einflussreichen Geschäftsmänner hielten nicht nur ihren Betrieb aufrecht. „Die Oetker-Söhne waren ausgesprochen kunstaffin und unterstützten das Theater und das Museum“, erklärt Röhrscheid. Hermann Lange, der von 1874 bis 1942 lebte, hatte 1927 den Bauhaus-Architekten Mies van der Rohe kennengelernt, der ihn wiederum mit dem Künstler und Bauhaus-Pädagogen Johannes Itten zusammenbrachte.
Mies van der Rohe entwarf Anfang der 1930er-Jahre die Villa Haus Lange und die benachbarte Villa Haus Esters, ebenso wie später das Gebäude für den Seidenweberei-Betrieb in Krefeld. Hermann Lange bot Walter Gropius an, dem Direktor des Bauhauses – damals noch in Weimar –, die Schule in Krefeld anzusiedeln. Das scheiterte allerdings daran, dass Dessau die besseren finanziellen Mittel hatte.
Die Oetkers und Lange waren auch mitverantwortlich für die Entwicklung der sogenannten Künstlerseide, die namhafte Künstler wie zum Beispiel Henry van der Velde entwarfen und die bei Deuß & Oetker gefertigt wurde.