Bürgerbus: Sieben 88-Jährige auf Klassenfahrt
Ehemalige Alleeschülerinnen trafen sich 80 Jahre nach der Einschulung zur Fahrt durch Anrath.
Anrath. Die sieben Frauen, die jetzt zu einer Sonderfahrt in den Anrather Bürgerbus einstiegen, treffen sich seit 20 Jahren regelmäßig. Normalerweise ist auch Maria Totten mit dabei, die jetzt fehlte. Die große Gemeinsamkeit der acht 88-Jährigen ist ihre Einschulung vor 80 Jahren. Damals war die Alleeschule erst zwei Jahrzehnte alt — fast noch ein Neubau.
Während der einstündigen Fahrt gab’s viel zu erzählen — hauptsächlich über Anrath. Langsam setzte sich der kleine weiße Bus in Bewegung. Am Steuer der Vorsitzende des Bürgerbusvereins, Matthias Zeies, der in Schrittgeschwindigkeit die Fußgängerzone entlang fuhr, als Luise Bremer auf ihr Elternhaus an der Jakob-Krebs-Straße zeigte. Und sich an die Luftmine erinnerte, die am 8. April 1945 in Anrath großen Schaden angerichtet hatte.
Käthe Dämkes erzählte wenig später, dass sie früher als Spulerin in der Tuchfabrik Krebs gearbeitet hat. Als Kosmopolitin erwies sich Grete Wünsch, die früher in der Nähe von Manchester Hüte gemacht und später in der Französischen Schweiz gearbeitet hat. Worauf sie besonders stolz ist: „Im britischen Hutmuseum in Stockport sind drei Hüte von mir und meinem Mann zu bewundern.“ Auch sie fühlt sich im Alter wohl in Anrath. Obwohl sie 45 Jahre im Ausland gelebt hat, beherrscht sie das Anrather Platt immer noch perfekt.
Irmgard Meetz ist vor 35 Jahren nach Neersen gezogen: „Ich möchte lieber wieder in Anrath wohnen“, sagte sie.
Ist Anrath in den letzten Jahrzehnten schöner geworden? Einige der Damen nannten den Ortsteil „verbaut“, andere freuten sich, dass so viel Wohnraum für junge Familien geschaffen worden ist.
Agnes Sehrbrock, die den Frauen vor 20 Jahren vorgeschlagen hatte, sich regelmäßig zu treffen und etwas gemeinsam zu unternehmen, sagte: „In die Außenbereiche kommen wir ohne Bürgerbus nicht mehr hin.“
Erinnerungen wurden wach an ausgedehnte Radtouren entlang der Niers. Heute benötigen die meisten der Frauen eine Gehhilfe.
Nach der Rundfahrt gingen die Klassenkameradinnen von einst zum Klönen und Essen nach Schmitz-Mönk. In einem Punkt stimmten sie alle überein: „Die Alleeschule darf nicht abgerissen werden, das wäre eine Todsünde“, sagte Agnes Sehrbrock. Und alle stimmten ihr zu.