Das tragische Ende einer Bilderbuchfamilie
Eine 43-Jährige hat in Willich vermutlich ihre sechsjährige Tochter und sich selbst getötet.
Willich. Christina (6, Name geändert) ist tot. Als am Donnerstag der Platz der Erstklässlerin in der Grundschule von Willich-Schiefbahn leerblieb, machte sich niemand Sorgen — es ist Grippezeit. Aber das Mädchen kommt nie wieder. Sie wurde möglicherweise von ihrer eigenen Mutter getötet. Davon jedenfalls geht die Polizei aus. Alle Anzeichen sprechen dafür.
Um 11.30 Uhr bekommt Christinas Vater (45) eine Nachricht auf sein Handy. Sie ist von seiner Frau (43). „Darin erklärt sie ihm, dass die Beziehung beendet sei“, sagt Polizeisprecher Jürgen Lützen.
Danach habe der 45-Jährige versucht, seine Frau auf dem Handy zu erreichen, sie sei aber nicht ans Telefon gegangen. Zumindest war die Nachricht so alarmierend, dass der Familienvater von der Firma aus nach Hause rast, 30 Minuten später dort eintrifft.
Im Haus findet er seine tote Tochter, ruft Rettungskräfte an. Er findet das Mobiltelefon seiner Frau, aber von ihr und ihrem weißen Kleinwagen fehlt jede Spur. „Wir haben sofort eine Großfahndung eingeleitet“, so Lützen weiter — ohne Erfolg. „Gegen 13 Uhr ist dann auf Krefelder Gebiet eine weibliche Leiche auf Bahngleisen entdeckt worden“, sagt der Polizeisprecher.
Der weiße Wagen, in dem noch ein kleiner grauer Kuschelhase sitzt, steht ganz in der Nähe. Am späten Nachmittag kommt dann die Gewissheit: Die Leiche ist identifiziert, es ist die 43-Jährige.
Die Nachbarn in der kleinen Schiefbahner Anliegerstraße stehen unter Schock. „Die Kleine quietschte immer vor Vergnügen. Sie war das Ein und Alles ihrer Eltern“, sagt eine Nachbarin, die eigentlich darauf wartet, dass Gäste zu ihrer Geburtstagsfeier kommen. Aber sie kann sich nicht mehr freuen. „Das waren wirklich nette Leute“, sagt sie. „Und die Kleine war so lebensfroh.“
Auch die anderen Anwohner schildern eine glückliche Familie. „Die beiden haben sich das Haus von Grund auf renoviert und schön gemacht, ihre Familien haben dabei geholfen“, sagt eine Frau. Dann sei Christina gekommen, „und alles war perfekt“. „Das war für mich eine Bilderbuch-Familie“, erklärt eine andere Nachbarin.
Im Fenster an der Hausseite hängen noch große Scherenschnitte mit Martinsmotiven, oben baumelt ein herbstlicher Drachen im Fenster. Auf der Tür steckt der Schlüssel — ganz so, als ob die Mutter nur eben schnell nach nebenan gegangen ist. Aber die einzigen, die dort jetzt ein- und ausgehen, sind Kriminalbeamte.
Der Vater wird derweil von Opferschutzbeauftragten der Polizei betreut. Mit dem Obduktionsergebnis, das an den Tag bringen soll, wie und wann genau das Mädchen gestorben ist, rechnen die Ermittler am Freitag im Laufe des Tages. Nach dem jetzigen Sachverhalt seien die Taten juristisch als Mord und Selbstmord zu werten.