„Die Leute hier in Willich sind freundlich“
Die Flüchtlinge im ehemaligen Hospital fallen in der Stadt kaum auf. Viele Willicher wünschen sich mehr Kontakt.
Willich. Seit ziemlich genau zwei Monaten leben jetzt die Flüchtlinge in der Notunterkunft im ehemaligen Katharinen-Hospital. Nachdem es im Vorfeld ihrer Ankunft in der Stadt heftige Diskussionen gegeben hatte, ist es seitdem ruhig um das Hospital und seine ständig wechselnden Bewohner geworden. Gibt es überhaupt Kontakt zwischen den Asylbewerbern (auch wenn sie schon länger in der Stadt leben) und der Bevölkerung? Und wenn ja, wie sieht er aus? Das wollte die „Rollende Redaktion“ am Donnerstag am Willicher Marktplatz wissen.
Jutta von Amern vom Arbeitskreis Fremde hatte einige Flüchtlinge zu dem Thema eingeladen, die schon längere Zeit in Willich leben und sich zum Teil selbst in der Betreuung der Neuankömmlinge engagieren. „Leider konnten keine Asylbewerber aus dem Hospital kommen, da dort Fälle von Windpocken aufgetreten sind“, berichtete van Amern.
Natalia Albakowa ist mit ihrem Mann Junes Ozdojew und den beiden Söhnen vor zwei Monaten aus Russland nach Willich gezogen. Die vier wohnen in der Asylbewerberunterkunft an der Kochstraße. Der Familie gefällt es in Deutschland sehr gut. „Die Menschen sind hier sehr freundlich. Wir wollten unbedingt nach Deutschland“, sagt Albakowa.
Nihal Karonatatna ist Senegalese. Der Pensionär lebt bereits seit 40 Jahren in Deutschland und hilft seit langem den Neuankömmlingen in Willich. Er betreut seine Landsleute, versucht aber auch immer wieder Brücken zu schlagen zwischen den Flüchtlingen aus den verschiedenen Nationen.
Der katholische Pfarrer Jürgen Lenzen sieht die Situation zwischen Willicher Bürgern und den Flüchtlingen positiv. „Das läuft so, wie ich es mir vorgestellt habe“, sagt er. Lenzen hält sich über die Projekte auf dem Laufenden und will die Menschen im ehemaligen Hospital demnächst auch persönlich besuchen.
Annedore Kircher war bereits mit Asylbewerbern, die sie betreut, bei den Flüchtlingen im ehemaligen Krankenhaus zu Besuch. Sie arbeitet in der Initiative „LOT“ mit, die von der Gemeinschaft der Gemeinden, der evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde und dem Arbeitskreis Fremde gegründet wurde. „Ich habe von dort noch nichts Negatives gehört“, sagt sie. Gemeinsam habe man in dem Klinikgelände an einer musikalischen Veranstaltung teilgenommen. „Dort gibt es tolle Musik und tolle Sänger“, sagt Kircher. Auch die Initiativen zur Integration der Flüchtlinge und den Sprachunterricht hält sie für sehr gut.
Christoph Macke, vielfältig engagierter ehemaliger Lehrer, würde sich freuen, „wenn mehr Kontakt zu den Flüchtlingen entsteht“. Mit Jutta van Amern bespricht er noch am WZ-Mobil eine Aktion für den kommenden Sommer: Die Flüchtlinge, die dauerhaft in Willich leben, sollen zu einem kleinen Fest auf dem Gelände des Heimatmuseums „Kamps Pitter“ in Schiefbahn eingeladen werden. Außerdem erhofft sich Macke Unterstützung durch Freiwillige bei einer im März anstehenden Altmaterial-Sammlung der Aktion Mission und Leprahilfe.
Hans-Georg Linden vermisst die versprochene Willkommenskultur in Willich - vor allem auch im Hinblick auf Asylbewerber, die schon länger hier leben. „Ich würde mich gerne einbringen“, sagt er und spricht davon, dass es zum Beispiel eine Freizeit- oder Materialbörse geben könnte. Er selbst könnte einen Fernseher zur Verfügung stellen.
„1000-prozentig positiv“ beurteilt Christel Rothensteyn die Aufnahme der Asylbewerber im Hospital. „Aber so etwas hätte schon viel früher stattfinden müssen.“ Bis heute würden die Flüchtlinge, die schon lange in Willich leben und die künftige Steuerzahler darstellten, „fast vergessen“.
Christian Flatters hat im vergangenen Herbst begonnen, sich im Arbeitskreis Fremde zu engagieren — ausgelöst von vielen negativen Kommentaren zur Ankunft der Flüchtlinge im Hospital: „Da muss man doch gegensteuern“, sagt er. Berührungsängste kenne er nicht, denn „außer in der Sprache unterscheiden sich diese Menschen kaum von uns“.
Medina Kydyrbekova aus Kirgisien lebt mit ihren beiden Kindern (sieben und acht Jahre alt) und zehn anderen Frauen im „Mädelhaus“ auf dem Gelände der Pfarre St. Maria Rosenkranz. „Ich fühle mich wohl in Willich. Es ist eine kleine, saubere Stadt mit freundlichen Leuten“, sagt sie.