Doch keine Pistole im Spiel?
Im Prozess gegen einen 28-Jährigen wegen schweren Raubs ruderte am Montag eine Hauptbelastungszeugin zurück.
Willich. Einen deutlichen Schritt weiter gekommen ist das Krefelder Landgericht am Montag in seiner Verhandlung gegen einen 28-Jährigen, der im Februar nach einem Saufgelage in Willich einem Bekannten eine Pistole an den Kopf gehalten haben soll. Waren zuletzt die drei Hauptbelastungszeugen nicht erschienen, konnte am Montag immerhin eine junge Frau vernommen werden. Die Frau war von der Polizei abgeholt und vorgeführt worden.
Deren Aussage allerdings entlastete den Angeklagten. Die junge Frau zog nämlich zurück, was sie seinerzeit bei der Polizei gesagt hatte. "Nein", betonte sie jetzt, "ich habe nicht gesehen, dass Manfred (das ist der Angeklagte; Anm. d. Redaktion) meinen Bruder mit einer Knarre bedroht hat." In ihrer Aussage bei der Polizei hatte sich das noch ganz anders angehört. "Ich habe versucht, das klarzustellen", sagte die 18-Jährige, die nach eigener Auskunft "Hausfrau und Mutter" ist. Das sei ihr allerdings bei der Polizei nicht gelungen.
Wie hat sie das Geschehen erlebt? Das wollte der Vorsitzende Richter wissen. Zu fünft waren die jungen Leute in eine Willicher Diskothek gefahren, hatten dort bis in die frühen Morgenstunden gefeiert. "Es gab Reibereien", erinnerte sich die Zeugin. Die seien besonders von dem Angeklagten ausgegangen. So habe er einen Mann, der sich mit ihr unterhalten wollte, mit Eiswürfeln beworfen.
Das Ganze setzte sich fort. Das Quintett zog in die Wohnung einer Beteiligten. Hier habe es erneut Streit gegeben. Schließlich habe ihr Bruder den Angeklagten herausgeworfen. Der sei dann mit seiner Freundin die Straße auf und ab getigert. Immer wieder habe er hinauf gerufen, kurz: Es ging hin und her, die Beleidigungs-Phrasen erreichten massives Kaliber.
Zusätzlich zu der angeblichen Bedrohung mit der Waffe soll der Angeklagte ein Portmonee mit rund 1250Euro mitgenommen haben. "Ja, das Portmonee lag da. Als Manfred gegangen war, war es weg", erklärte die 18-Jährige. Gleichzeitig ruderte sie auch hier gegenüber ihrer früheren Aussage zurück, in der Geldbörse hätte sich viel Geld befunden. "So 20 bis 20 Euro", schätzte sie gegenüber dem Richter.
Der reagierte auf die geänderten Aussagen ungehalten. "Sie wissen doch, dass das nicht so war. Das glauben Sie doch selbst nicht." Die Frau blieb bei ihrer Aussage.
Damit fiel allerdings ein Teil der Anklage regelrecht in sich zusammen, weil ja das Vorhandensein der Waffe jetzt sehr fraglich ist. Der Richter bot an, die Beweisaufnahme einzustellen, wenn sich der Angeklagte zur Tat äußern würde. Gleichzeitig ließ er durchblicken, dass eine mögliche Strafe längst durch die lange U-Haft - der Mann sitzt seit einem halben Jahr - abgegolten wäre.
Der Angeklagte blieb dabei: Er wolle nichts sagen. Und obwohl die Staatsanwältin eine Verdunklungsgefahr sah, wurde der Haftbefehl außer Vollzug gesetzt.
Der Prozess wird fortgesetzt. Dann sollen auch die beiden Zeugen vorgeführt werden, die sich bislang der Verhandlung entzogen haben. Einer von ihnen ist das angebliche Opfer, dem der Angeklagte den Revolver an den Kopf gehalten haben soll. Mit ihm soll seine Freundin erscheinen.