Fluglärm aus Düsseldorf Entlastet die neue Flugroute St. Tönis?
Willich/Tönisvorst · Tönisvorst hält an der Forderung nach weitergehender Entlastung durch noch stärkere Routenkürzungen fest – ab sofort gilt die Route „ModruK1“.
In diesen Sommerferien war es am Himmel über Willich und Tönisvorst deutlich ruhiger als in den Vorjahren. Zu Urlaubsbeginn vermeldete der Flughafen Düsseldorf aufgrund der coronabedingten Reiserückgänge nur rund 100 Starts- und Landungen pro Tag, zum Ferienende waren es immerhin schon wieder 250 pro Tag – also etwa ein Drittel der zur Hochsaison normalen Menge an Flugbewegungen. Und so wird sich auch die neue, digitale Flugroute, die ab dem 13. August genutzt werden soll, zunächst wohl noch nicht so sehr bemerkbar machen.
Die bisherige Abfluglinie „Modru“ vom Airport Düsseldorf, eingeführt 2002, betrifft auch das Tönisvorster Stadtgebiet: Zu Spitzenzeiten überfliegen so täglich 110 Maschinen in etwa 2000 Metern St. Tönis. Die neue Modru-Route führt nicht mehr über St. Tönis, sondern über das Gewerbegebiet Tempelshof, dann nicht mehr nördlich um Kempen herum, stattdessen südlich über Oedt und Lobberich in Richtung Niederkrüchten.
Nicht alle Flugzeuge können
die kürzere Route nutzen
Die bisherige Route basiert auf technischen Bodenanlagen, bei der neuen Strecke erfolgt die Navigation über satellitengestützte Technik. Die Ideallinie könne mit dieser digitalen Technik präziser eingehalten werden, teilte die Deutsche Flugsicherung mit. Und diese Ideallinie ist in Richtung Belgien/Südwesteuropa um 18 Kilometer kürzer als die bisherige Modru-Route. „Bei guter Wetterlage und super Steigleistung der Maschine haben wir auch schon zuvor Maschinen über eine verkürzte Route geleitet“, sagt Michael Fuhrmann, Sprecher der Deutschen Flugsicherung. Durch das neue, standardisierte Verfahren sollen solche Flüge aber nun deutlich planbarer werden.
Allerdings können nicht alle Flugzeuge die kürzere Route nutzen: „Nach wie vor muss bei Grenzüberflug in Richtung Belgien eine Flughöhe von 21 000 Fuß (ca. 6400 Meter) erreicht werden“, so die Flugsicherung. Nur wer dies über die verkürzte Strecken schaffe, dürfe sie auch nutzen. Hinzu komme, dass nur Flugzeuge mit neuesten Navigationssystemen in der Lage seien, diese neuen Verfahren anzuwenden. Das trifft bislang nur auf rund zehn Prozent dieser 110 Flüge zu.
Dennoch sieht man den Start der neuen Routenführung in Tönisvorst unterm Strich als „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“, so Bürgermeister Thomas Goßen. „Die digitale Variante von Modru wurde in Konsensgesprächen mit den betroffenen Kommunen und der Flugsicherung erarbeitet. Ich habe diese Gespräche als Vorsitzender der Fluglärmkommission am Flughafen Düsseldorf und für die Stadt Tönisvorst geführt und anschließend vor Beratung in der Fluglärmkommission das Votum des Fachausschusses in Tönisvorst dazu eingeholt.“
Tönisvorst habe sich auf Grundlage eines Beschlusses im Fachauschuss in der Fluglärmkommission enthalten, weil man an der Forderung nach weitergehender Entlastung durch noch stärkere Routenkürzungen festhalten wolle. Man erkenne aber die Reduktion der Lärm- und CO2-Belastung mit der digitalen Variante an.
Insgesamt verringerte
Flugverkehr ist spürbar
„Für Tönisvorst gilt die Besonderheit, dass bei der bisherigen analogen Route die Flugzeuge aufgrund der hier erreichten Höhe de facto sich jenseits der Route fächerartig über den gesamten Ortsteil von St. Tönis verteilen“, so Bürgermeister Goßen. „Die digitale Routenführung, deren Zielgenauigkeit deutlich höher ist, wird hier der Planung nach zu einer Verbesserung führen.“ Um das sicherzustellen, soll im Echtbetrieb geprüft werden, ob die Planung in der Praxis tatsächlich eingehalten werde.
In Willich erwartet man durch die Einführung der neuen Modru-Route zunächst keine spürbare Veränderung: „Für das menschliche Ohr sollte der Unterschied nicht wahrnehmbar sein“, sagt Bürgermeister Josef Heyes. Denn durch die Nähe zum Flughafen Düsseldorf sei die Abweichung über Willich nicht sehr groß. Spürbar sei derzeit aber der insgesamt verringerte Flugverkehr. „Das ist einerseits positiv und man hat sich schon fast daran gewöhnt“, so Heyes.
Umgekehrt hingen viele Arbeitsplätze und Unternehmen am Airport der Landeshauptstadt – daher schätze man die Nähe zum Flughafen normalerweise schon sehr.